Japanisch – Was ist das?
Autor: Alin Constantin
Artikel erschienen in: FUNime Nr. 42, Seite 24, Juni 2005
Fast jeder, der mit Anime und Manga in Kontakt kommt, überlegt früher oder später, ob er oder sie Japanisch lernen soll. Doch viele sind durch die fremdartige Sprache und Schrift abgeschreckt und fangen gar nicht erst an.
Und wenn doch, so tauchen sehr früh Fragen auf, denn wie das Land voller Widersprüche ist, so hat auch die Sprache zumindest für Westliche schwer nachvollziehbare Aspekte: Warum lernen sie Tausende von komplizierten Schriftzeichen, wenn sie doch mit unserem nur 26 Buchstaben umfassenden Alphabet viel besser zurecht kämen? Wieso gibt es mehrere Zählarten? Wieso sprechen sie zueinander in der dritten Person? usw. usf. Auch ich stelle oft die Logik der japanischen Sprache in Frage, aber meist erinnere ich mich dann an die Worte meiner Lehrerin: „Man darf nicht versuchen, Japanisch zu verstehen, man muss es so akzeptieren, wie es ist“. Und in der Tat, diese Sprache ist nicht mit europäischen Sprachen zu vergleichen, daher sollte man den menschlichen Urtrieb, alles wissenschaftlich erklären zu wollen, unterdrücken, wenn man diese exotische Sprache lernen möchte. Das Treffen einer Entscheidung wird wesentlich erleichtert, wenn man eine Ahnung davon hat, was Japanisch überhaupt ist.
Die Sprache
Eines vorweg: Japanisch und Chinesisch sind wirklich zwei verschiedene Sprachen, lediglich die komplizierten Schriftzeichen (kanji) und die Aussprache einzelner Silben sind ähnlich oder gleich.
Ein Japaner wird aber ein chinesisches Gespräch nie ohne entsprechende Kenntnisse verstehen und umgekehrt. Wie oben schon erwähnt, haben die Vokabeln keinerlei Ähnlichkeit zu europäischen Sprachen (der Lernende sollte also vor allem Vokabeln pauken können), allerdings haben seit der Nachkriegszeit immer mehr Fremdwörter Einzug gefunden; in erster Linie natürlich aus Amerika, sprich US-Englisch (ge-mu – game, sakka- – soccer, …), aber auch Deutsch (besonders medizinische Ausdrücke (Röntgen) oder auch das bekannte (Aru)Baito, das nicht Arbeit, sondern Nebenjob bedeutet) und andere Sprachen kann man hier und da hören.
Noch eine Anmerkung für richtiges Lesen: -masu und desu werden nicht -massu und dessu gesprochen, sondern ohne u, also -mass bzw. dess! Daraus erkennt ihr auch, dass s wie im Englischen gesprochen wird, also nicht stimmhaft, sondern wie Doppel-S.
Das japanische Alphabet besteht nicht aus Buchstaben, sondern aus Silben (also ma, ne, ko, usw). Einzig n und die Vokale gibt es auch alleinstehend. Bei Fremdwörtern wird dann je nach Klang ein Vokal – oft u und o – der mal mehr mal weniger deutlich ausgesprochen wird, eingefügt.
Berlin wird so zu Berurin. Warum nicht Berulin? Das steht im nächsten Teil Die Schrift unter Romaji. Der Satzbau gehört, so wie die Grammatik allgemein, zu den einfachen Dingen, denn er ist immer gleich: Subjekt, Objekt, Prädikat. Das Verb kommt also immer ans Ende, selbst bei Fragen und Nebensätzen. Die Substantive haben kein Geschlecht und somit auch keinen Artikel.
Der Hund ist schwarz und die Katze weiß sagt man auf Japanisch Inu wa kurokute neko wa shiroi desu. Wörtlich übersetzt heißt das: (Was) Hund (betrifft) (inu wa) ist schwarz und (was) Katze (betrifft) ist weiß. Die Deklination und die verschiedenen (deutschen) Fälle werden allein durch Partikel wiedergegeben. Wa zeigt also an, dass es sich um ein Subjekt handelt (Nominativ), inu ni wäre Dativ (dem Hund; wörtl. zum Hund), inu no Genitiv (des Hundes) und schließlich inu o Akkusativ (den Hund). Diese Konstruktion bleibt immer gleich, bei allen Nomen. Wer sich also schon mal gefragt hat, ob Artikel und Wortgeschlecht wirklich unverzichtbar sind, hat hier die Antwort! (Und die meisten werden wissen, dass es auch im Englischen kein Geschlecht und nur einen Artikel gibt.)
Und ob ihr es glaubt oder nicht, selbst mit Pluralformen wollen die Japaner (fast) nichts zu tun haben. Ki kann sowohl Baum als auch Bäume heißen. Es gibt aber Ausnahmen, bei den Pronomen und bei Menschen Pluralsuffixe, wie -tachi, -domo oder -ra (watashi – ich, watashitachi – wir), oder manchmal Anhängsel, die dasselbe Wort darstellen (kamigami – Götter besteht aus zwei Mal kami).
Ein Problem für Ausländer dürfte die Tatsache sein, dass das Subjekt oft weggelassen wird und man nur aus dem Kontext verstehen kann, was oder wer gemeint ist. Das Verb besitzt ebenfalls keine Deklination, also man sagt ich sehen, du sehen, er sehen, etc. Eine Formänderung der Verben findet aber bei den Zeiten statt. Dazu fügt man die entsprechenden Suffixe zum Stamm. Beispiel: taberu – essen (Infinitiv), -ta – Vergangenheitssuffix, tabeta – aß. Die Zeitformen, die normalerweise benutzt werden, sind folgende: Infinitiv, -masu-Form (höflich), -te-Form (Verlaufsform), Negation, Vergangenheit, Aufforderung, Konditional, und dazu noch Passiv, Kausativ, Potential und Imperativ. Vermisst da jemand das Futur?
Nun, das wird mit dem Infinitiv wiedergegeben, der multifunktionell ist und auch die Gegenwartsform darstellen kann. Somit gestalten sich die japanischen Zeiten überschaubar (auch wenn’s vielleicht auf den ersten Blick nicht so scheinen mag) und man hat nicht mit etlichen unnötig komplizierten und sinnlosen Formen wie z.B. im Deutschen zu kämpfen.
Jetzt noch einige Aspekte, die Ausländern Probleme bereiten könnten, und mit denen auch ich Schwierigkeiten hatte bzw. habe:
Höflichkeitsformen
Während es im Deutschen praktisch nur du und Sie gibt, hat das Japanische mehrere sprachliche Ebenen, die je nach Situation und Sprechpartner Verwendung finden. Diese reichen von sehr bescheiden bis fast schon verehrend. Dazu kommt noch die höfliche Endung -masu, die man auf alle Formen anwenden kann. Natürlich gibt es auch den Slang, also die eher unhöfliche Sprache. Zum Leidwesen Lernender verändern sich Verben dadurch oft komplett. Schauen wir uns das wieder am Wort essen an:
Slang | kuu |
---|---|
bescheiden (über sich) | itadaku |
höflichkeitsneutral | taberu |
(höflich: | tabemasu) |
ehrerbietig | meshiagaru |
noch ehrerbietiger | o-meshiagari ni naru |
…während wir einfach nur essen sagen…
Anfänger sollten am besten erst mal bei der einfacheren, höflichen Form bleiben. Unter Freunden kann man dann zur höflichkeitsneutralen Form (Infinitiv) greifen.
Substantive bekommen in den höflichen Formen die Präfixe go- oder o- hinzu (o-sushi). Bei so viel „Höflichkeit“ kann man verrückt werden…
Wo wir gerade bei synonymartigen Ausdrücken waren:
Synonyme
Klar, die gibt’s in jeder Sprache. Aber ich habe den Eindruck (ob richtig oder falsch sei jetzt dahingestellt), dass es besonders viele japanische Synonyme gibt. Dem einen oder anderen mögen beim Anime-Schauen die verschiedenen Übersetzungen der Pronomen ich und du aufgefallen sein. Hier ein paar mir bekannte du-Wörter: anata (höflich, kann alleine auch Liebling! bedeuten), anta (Zitat NGE-Asuka: Anta baka? – Bist du doof?; unhöflich), kimi (eher selten, unter Freunden), omae (unhöflich), kisama (oft in Samurai-Filmen/-Anime zu hören; sehr unhöflich), temee (sehr unhöflich), etc. Die beiden letzten Ausdrücke würde man im Deutschen wohl oft auch mit einem wütenden „Du Arsch!“ wiedergeben.
Ganz so schlimm ist es mit gewöhnlichen Nomen natürlich nicht, aber auch da findet man nicht selten mehr als zwei Synonyme pro Bedeutung.
Zählen
Eins, zwei, drei, usw…, mehr brauchen wir nicht. Im Japanischen gibt es allerdings mehrere Zählweisen, je nachdem, was man zählt. Ichi, ni, san… werden die meisten kennen, etwa aus dem Karate-Unterricht. Dies ist die chinesische Art. Es gibt auch eine japanische: hitotsu, futatsu, mittsu… Und dann viele weitere mit verschiedenen Endungen (und chinesischem Stamm): Stück und runde Dinge zählt man mit -ko, also ikko, niko, sanko…, lange, dünne Dinge -hon, Menschen -nin (ab 3), kleine Tiere -hiki, große Tiere -to, Häuser -ken, usw. usf.
Ich weiß, extrem verwirrend…
Zweite und dritte Person
Du und er/sie werden eher selten benutzt, stattdessen sagt man immer den Namen oder der Mensch dort oder Ähnliches. Für uns sehr gewöhnungsbedürftig, da wir bei einem Gespräch das Gefühl haben, über jemand anderes zu sprechen (statt Akira, magst du Bücher? sagen wir also Mag Akira Bücher?). Wie schon oben erwähnt, wird das Subjekt aber auch oft ganz weggelassen.
Wortakzent
Es gibt auch Wörter, die, abhängig davon, auf welche Silbe man den Akzent setzt, eine andere Bedeutung haben. Zwei Beispiele:
- hashi – Brücke, hashi – Eßstäbchen
- ame – Regen, ame – Bonbon
Dialekte
Der Japanischschüler hat normalerweise wenig damit zu tun, ich wollte diesen Aspekt aber nicht unerwähnt lassen. In Japan gibt es viele Dialekte, manche mehr, manche weniger verschieden als Hoch-Japanisch. Der bekannteste dürfte Kansai sein (man denke an Heiji aus Detektiv Conan).
Verschiedene Ausdrücke
Manchmal machen es sich (oder eher uns) die Japaner unnötig schwer, wie wir es mittlerweile wissen. Es gibt Ausdrücke, die aus komplizierten Wortkombinationen bestehen. Als Erstes fällt mir das Verb müssen ein. Das gibt es an sich nicht, sondern wird durch eine spezielle Formel gebildet. Diese lautet -nakereba narimasen (bzw. neutral naranai), wörtlich wenn nicht gemacht wird, wird es nicht. Ich muss vergessen sagt man wasurenakereba narimasen. Auseinandergenommen besteht das aus der negativen Konditionalform des Verbs wasureru (Negation – wasurenai), also vergessen, und der negativen Höflichkeitsform des Verbs naru, also werden. Oder Ausdrücke, die keine genaue Übersetzung haben und im Deutschen ganz anders wiedergegeben werden, wie -te shimau (shimau drückt hier lediglich das Bedauern aus) oder (it)-te kuru (ich gehe und komme, könnte man vielleicht mit ich gehe schnell dorthin übersetzen). Solche Anwendungen gehören zur alltäglichen Sprache.
Soviel zur japanischen Sprache, nächstes Mal schauen wir uns die japanische Schrift an!
Japanisch – Was ist das? Teil 2
Autor: Alin Constantin
Artikel erschienen in: FUNime Nr. 43, Seite 24, August 2005
Die japanische Sprache haben wir letztes Mal näher kennen gelernt. In diesem zweiten und letzten Teil werfen wir einen Blick auf die sehr komplexe Schrift.
Die Schrift
Im Japanischen werden vier verschiedene Schriftarten verwendet: kana, bestehend aus hiragana und katakana, kanji und romaji.
Geschichtlicher Hintergrund
Seit dem 4. Jahrhundert kamen chinesische Schriftzeichen, die so genannten kanji, über Korea nach Japan und wurden immer mehr auch für die japanische Sprache verwendet, da diese noch keine eigene Schrift hatte. Doch um diese komplizierte Schrift zu vereinfachen, entstanden parallel daraus die japanischen kana-Zeichen. Hiragana sind etwas rundere Zeichen, die anfangs hauptsächlich von Frauen zum Verfassen von Briefen oder anderen Texten benutzt wurden, da diese für gewöhnlich keine kanji lesen oder schreiben konnten. Die eckigeren katakana hingegen wurden in wissenschaftlichen Werken benutzt und blieben somit eine Männer-Schrift. Beide Arten umfassen je 46 Zeichen, die mit einer Ausnahme ausschließlich Silben und die fünf Vokale darstellen.
Kanji kommen wie gesagt ursprünglich aus China. Viele haben immer noch ihre Originalform, manche wurden aber auch mehr oder weniger geringfügig geändert. Für die meisten Japanisch-Lernenden stellen sie wohl die größte Hürde dar, auf Grund ihrer riesigen Anzahl, komplizierten Formen und unterschiedlichen Lesungen. Um einen Überblick zu bekommen: Vom japanischen Unterrichtsministerium werden 1945 kanji-Zeichen empfohlen, dazu weitere 284 Namens-kanji (Stand 1995). Allerdings kennen wohl nur besonders gebildete Menschen alle. Ein japanischer Grundschüler (bis 6. Klasse) muß 800 bis 900 können. Zu diesen über 2000 Zeichen gesellt sich noch die
romaji genannte lateinische Umschrift, sprich unsere 26 Buchstaben. Es gibt zwei verschiedene romaji-Systeme, das kunreishiki und das hebonshiki. Letzteres ist allerdings besonders außerhalb Japans verbreiteter, da es besseres Verständnis der japanischen Aussprache ermöglicht. Hebonshiki romaji wurde 1885 entwickelt und gleich darauf in einem japanisch-englischen Wörterbuch des amerikanischen Missionars Hepburn (daher hebon) verwendet. Dieser Artikel bezieht sich auch auf diese romaji-Umschrift.
Anwendung
Es ist grundsätzlich möglich, Japanisch allein mit einem der kana-Systeme oder romaji zu schreiben, dies würde allerdings bei der Fülle an Wörtern, die bei gleicher Lesung verschiedene Bedeutungen haben können, zu Unklarheiten führen. Außerdem lesen sich kanji viel flüssiger und schneller (der eine oder andere wird davon gehört haben, wie schnell Japaner ihre Manga lesen – das ist mit ein Grund dafür). Die Schrift im Alltag besteht hauptsächlich aus hiragana und kanji, gelegentlich sieht man auch katakana und eher selten romaji. Kanji werden in der Regel für Substantive, Verben und Adjektive, sowie Namen benutzt. Mit hiragana schreibt man Endungen, Partikel, Wörter, deren kanji aus dem Gebrauch gekommen sind usw. Katakana nimmt man bei Fremdwörtern her sowie zur Hervorhebung (Rufe, Geräusche, etc). Und schließlich schreibt man mit romaji gelegentlich Firmennamen, spezielle Bezeichnungen, u.a. Diese Regeln werden allerdings nicht immer strikt befolgt.
Romaji
Bei der Anwendung und Lesung der lateinischen Buchstaben gilt es verschiedene Regeln zu befolgen, die auch so manche Sprecher von RTL2 vor ihrer Arbeit lernen sollten (man denke an Detektiv Conan, wo die meisten Namen konsequent falsch gesprochen werden). Hier nun die wichtigsten:
- L gibt es nicht. Wobei R auch nicht ganz stimmt, denn im Japanischen wird eine sanfte Kombination aus R und L ausgesprochen, die für Ausländer noch wesentlich schwerer ist, als das th im Englischen.
- Die Vokale werden oft lang gesprochen, je nach Vokabel. Da trifft man auf verschiedene Schreibweisen:
- â, aa, ah ii
- û, uu, uh
- ê, ee
- ô, ou, oo, oh
Die jeweils erste Art ist allerdings zu empfehlen (ou und uu sieht man auch oft).
- S wird im Gegensatz zum Deutschen stimmlos gesprochen, also wie Doppel-S. Vor I wird die Silbe zu shi.
- z wird s stimmhaft gelesen (wie in Besen).
- n wird vor b und p zu m.
- bei der -masu-Endung und desu (oft an Satzenden zu finden) wird das u fast gar nicht gesprochen (also -mass bzw. dess).
Wenn also jemand Suzuki heißt, bitte wie im Englischen aussprechen, denn die deutsche Aussprache (in romaji – „Zutsuki“) ist nicht nur falsch, sondern klingt hier auch furchtbar! Junichi sagt man auch nicht Iunichi oder Iunitschi, sondern Dschunitschi. Vielleicht nicht die besten Beispiele, aber hoffentlich tragen sie zum besseren Verständnis bei.
Die Schreibrichtung
Geschrieben wird entweder von oben nach unten mit „Spalten“ von rechts nach links, oder wie bei uns von links nach rechts. Es gibt keine bindende Regel, in Zeitungen schreibt man für gewöhnlich die Artikel senkrecht, die Überschriften sowohl als auch. Es gibt keine Leerzeichen, doch durch die sich ständig abwechselnden kanji und kana bleibt der Text dennoch gut lesbar.
Damit ist der Einblick in die japanische Sprache auch schon zu Ende. Es gibt natürlich noch jede Menge Aspekte und Einzelheiten, die unerwähnt geblieben sind, doch hoffentlich habt ihr nun eine Idee davon, was Japanisch ist. Und wer weiß, vielleicht gibt’s ja doch irgendwann noch eine Fortsetzung!
Egami Ari präsentiert:
Japanische Geschichte Teil 20: Ichi-no-Tani
Autor: Stephan Henker
Artikel erschienen in: FUNime Nr. 23, Seite 46, Oktober 2001
„Der eigene Ruhm (Koumyou) ist abhängig von den Gegnern. Man kann nicht jeden als Gegner akzeptieren, der einem über den Weg läuft.“ – Worte von Kumagae no Naozane, Heike Monogatari
Rückblick:
Nach dem Sieg über Yoshinaka stieg Minamoto no Yoshitsune zu einem der berühmtesten Militärführer des Landes auf und machte sich nun daran, den Erzfeind seines Clans, die Ise-Taira zu vernichten. Die Wahl für den ersten Angriff fiel auf Fukuhara nahe des heutigen Kobe. Bereits am 13. März 1184, nur wenige Tage nach dem Sieg über Yoshinaka, brachen Yoshitsune und Noriyori aus Kyoto auf.
Ichi-no-Tani
Eigentlich war Ichi-no-Tani nur die westliche Festung, die den Zugang nach Fukuhara sicherte. Die Taira hatten ihren Stützpunkt an einer Stelle errichtet, die sehr zum Vorteil des Clans mit der Seefahrertradition gereichte, denn bei Fukuhara umrahmte die Steilküste einen schmalen Landstreifen. Die Klippen bildeten dabei die Nordseite der Festung, während sie nach Süden hin zum Meer offen war. Zugang war nur über den Strand auf Ost- und Westseite möglich, den die Taira durch Palisaden abgesichert hatten:
Ikuta-no-Mori im Osten und Ichi-no-Tani im Westen. Der Plan der Minamoto war, daß Noriyori mit der Hauptstreitmacht (Oote) von Osten entlang der Küste gegen Ikuta-no-Mori zog, während Yoshitsune mit der Nachhut (Karamete) einen Bogen durch die Provinz Settsu machte, um einen gleichzeitigen Angriff von Westen auf Ichi-no-Tani zu starten. Wenn die Angriffe präzise und überraschend ausgeführt würden, sollte es möglich sein, durch die Stellungen der Taira zu brechen, noch bevor sie überhaupt die Chance hätten, mit dem Kaiser auf die offene See zu fliehen.
In der Nacht des 18. März überrannten Yoshitsunes Truppen Mikusayama, einen Außenposten der Taira, etwa 50 km nördlich von Ichi-no-Tani. Danach übertrug Yoshitsune jedoch das Kommando seiner Streitmacht an Doi no Sanehira, der die Truppen entsprechend des Planes führen sollte, während Yoshitsune selbst mit einer kleinen Gruppe eingeschworener Krieger direkt in Richtung Süden auf die Klippen zuhielt.
Von Würde und Zeugen
Die mittelalterlichen Kriegsgeschichten enthalten viele Begebenheiten, in denen es um „würdige Gegner“ (yoki kataki) oder im Gegensatz dazu, um „unwürdige“ (awanu kataki) geht. Für einen Krieger war der Kampf gegen hochrangige Gegner erstrebenswert, doch es war ebenso wichtig, daß jemand diesen Kampf bezeugen konnte. So sind in den Kriegsgeschichten zahlreiche Referenzen zu solchen Zeugen (Shounin) und ihrer Notwendigkeit zu finden. So berichtet Heike Monogatari von zwei Kriegern, Kumagae no Naozane und Hirayama no Sueshige, beides Sinnbilder des östlichen (Bandou) Kriegers, die beim Angriff der Minamoto auf den westlichen Zugang, Ichi-no-Tani, um die Führung streiten. (Zuweilen ist auch der Name „Kumagai“ anstelle von „Kumagae“ zu finden, da dies alternative Lesungen der selben Kanji sind.
Anm. d. A.). Der niedrige Status der beiden Männer wird beim Vortrag ihres Nanori (Namenrufen) deutlich, da sie nichts weiter zu berichten haben, außer daß sie aus der Provinz Musashi stammen. Kumagae no Naozane bemerkte: „Selbst wenn er nichts macht, erwirbt ein Anführer (Daimyo) Ehre durch die Heldentaten seiner Vasallen (Kenin). Aber wir Vasallen haben uns die Reputation selbst zu verdienen.“ Das japanische Wort für einen Anführer, Daimyo, bedeutet wörtlich „großer Name“ und wurde in späterer Zeit zur üblichen Bezeichnung für Militärführer, die ein gewisses Territorium kontrollierten und eine große Gefolgschaft von Vasallen besaßen.
In der Heike Monogatari wird mit Daimyo jedoch noch ein Offizier bezeichnet, der mindestens 500 Reiter kommandierte. Das Gegenteil von „Daimyo“ ist „Shoumyou“ (kleiner Name). Shoumyou sind Krieger ohne eigene Vasallen, die den „realen Kampf“ selbst zu führen haben, Leute wie Kumagae und Hirayama. Beide tauchten schon nach der Kampagne gegen den Satake-Clan in Hitachi im elften Monat des Jahres 1180 auf, als sie von Yoritomo persönlich belohnt wurden.
Im Azuma Kagami heißt es: „Von den Kriegern [die gegen die Satake kämpften] haben sich besonders Kumagae Jirou no Naozane und Hirayama no Musha-dokoro Sueshige hervorgetan. Immer in vorderster Front kämpfend, bestritten sie eine Begegnung nach der anderen ohne an Leben oder Tod zu denken und sammelten viele Köpfe. Dementsprechend wurde angeordnet, daß sie großzügiger belohnt werden sollten als ihre Kameraden.“ Viele Kommentatoren haben darauf hingewiesen, daß bei dem Streit um die Führung bei Angriffen oft nur sehr wenig erreicht wurde, obwohl im Azuma Kagami berichtet wird, daß Naozane und Sueshige bei der Satake-Kampagne viele Köpfe nehmen konnten.
Bei vielen anderen, wenn nicht gar bei den meisten Wettläufen werden die Krieger kaum mehr erreicht haben, als sich selbst in unnötige Gefahr zu bringen. Und diejenigen, die den Angriff anführten, begannen den Kampf oft gar nicht sofort, sondern warteten, bis andere ihrer Armee erschienen, um als Zeugen zu dienen. Einige dieser Aktionen erfolgten sogar gegen den ausdrücklichen Befehl ihrer Kommandanten.
So wird in einer Passage der Heike beispielsweise Minamoto no Noriyori zitiert, wie er vor der Schlacht von Ichi-no-Tani sagte, daß „es keine Belohnung geben wird für Krieger, die nach vorn zum Angriff stürmen und die Armee hinter sich zurücklassen.“ Doch Kajiwara no Kagetaka ignorierte die Weisung und stürmte mit lautem Kriegsgeschrei voran. Kagetakas Vater, Kajiwara no Kagetoki, ergriff die Angst, daß sein Sohn getötet würde und stürzte mit den 500 Reitern seines Kommandos hinterher.
In dem entbrennenden Gefecht wurden alle bis auf fünfzig aufgerieben.
Eröffnung der Schlacht
In der Nacht vor dem Angriff entschied auch Kumagae no Naozane, dem Befehl seines Kommandanten nicht zu folgen und als erster gegen die Taira zu ziehen. Er ahnte, daß auch sein Kamerad Hirayama no Sueshige auf diesen Gedanken gekommen war, da beide „den Massenangriff (uchikomi no ikusa) nicht mochten, bei dem der einzelne Krieger in der Menge untergeht“.
Also schlich sich Naozane in der Nacht aus dem Lager und machte sich auf den Weg zum Schildwall (Kaidate) vor der Befestigung von Ichi-no-Tani. In der Dunkelheit der Nacht rief er seinen Namen: „Hier sind Kumagae Jirou no Naozane und sein Sohn Naoie, die Ersten (Senjin) bei Ichi-no-Tani.“ Doch von der Taira-Festung drang nur Stille. Im Gegensatz zu den Ausführungen der Heike beschreibt das Gempai Seisui Ki den Ablauf etwas anders.
Darin forderte Naozane die Taira zum Kampf, und als die Antwort ausblieb, verspottete er die Besatzung der Festung und nannte sie „Krieger ohne Ehre“. Doch die einzige Antwort der Taira war ein Pfeilhagel, der Naozane zum Rückzug zwang.
Auch Hirayama no Sueshige erschien noch in der Nacht am Strand. Er war von Narida no Gorou aufgehalten worden, der ihn darauf hinwies, sich nicht zu weit von seinen Zeugen zu entfernen. „Was kann von einem einzelnen Krieger vollbracht werden, der in die gegnerischen Horden eintaucht und dabei sein Leben läßt?“ Doch als Sueshige anhielt, um auf seine Verbündeten zu warten, schoß Narida an ihm vorbei, in der Absicht, selbst Erster bei Ichi-no-Tani zu sein.
Doch dieser Trick half nicht, da Hirayama das schnellere Pferd besaß, ihn einholte und weit zurückließ. Naozane hatte ebenfalls vor dem Problem gestanden, keine Zeugen zu haben, als er allein mit Sohn und Standartenträger vor der Stellung der Taira stand. Zusammen mit Sueshige diskutierte er lange die Notwendigkeit der Zeugen, als die Gruppe das Morgengrauen erwartete. Am Morgen wiederholte Naozane seine Herausforderung: „Wenn es Krieger der Heike (Taira) geben sollte, die glauben, gegen mich antreten zu können, dann laßt sie herauskommen und kämpfen. Kommt heraus und kämpft!“.
Schließlich öffnete sich das Tor und zwanzig Krieger kamen herausgeritten, der Kampf begann. Naozane und Sueshige bezwangen einem nach dem anderen; Naozane verlor sein Pferd und mußte ein anderes besteigen, Naoie wurde von einem Pfeil am Bogenarm getroffen und ein anderer Pfeil fällte den Standartenträger von Sueshige. Letztlich beanspruchten beide, Naozane und Sueshige, Erste bei Ichi-no-Tani gewesen zu sein; Naozane dafür, als Erster die Befestigung erreicht zu haben und Sueshige dafür, daß er den Angriff in die Festung anführte, als die Tore geöffnet wurden.
Doch weder der Angriff auf die Westseite noch auf die Ostseite konnte die Schlacht entscheiden. Der Sieg wurde durch die wohl wagemutigste und bekannteste militärische Heldentat in der japanischen Geschichte erreicht: den Abstieg über die Klippen von Hiyodorigoe.
Hiyodorigoe
Als Yoshitsune mit seiner kleinen Streitmacht von nur etwa 200 Kriegern die Klippen von Hiyodorigoe erreichte, sahen sie, daß der Kampf bereits begonnen hatte. Die Schlacht tobte, doch keine Seite konnte die Oberhand gewinnen. Unter den Anhängern von Yoshitsune war auch Benkei, der einen Führer in der Gegend kannte. Dieser sollte ihnen den Weg die steilen Klippen hinunter weisen. Es hieß, der Weg sei so steil gewesen, daß es nicht einmal die Affen wagten, hinunterzuklettern, also prüfte Yoshitsune den Pfad, indem er zwei reiterlose Pferde vorausschickte.
Eines schaffte den Abstieg unbeschadet, das andere brach sich die Beine. Yoshitsune folgerte jedoch, daß seine Männer besser als die Affen sein würden und somit wagten sie das Unmögliche: „So steil war der Abstieg, daß die Zügel des hinteren Reiters an Helm oder Rüstung seines Vordermannes stießen und es sah so gefährlich aus, daß sie ihre Blicke abwendeten, als sie hinunterritten.“ Doch als der Grund erreicht war, lag der ungeschützte Rücken der Taira-Festung vor ihnen.
Sie galoppierten durch die Stellungen und setzten alles in Brand, was sie vorfanden. Die Taira, völlig geschockt von dem überraschend aufgetauchten Feind in ihrem Rücken, verloren all ihren Mut und versuchten in kopfloser Panik hastig auf ihre Schiffe zu fliehen. Für die Zurückgebliebenen sollte ein aussichtsloser Kampf um ihren eigenen Kopf beginnen.
Der Kaiser war jedoch bereits zu Beginn der Kämpfe auf ein Schiff gebracht worden, so daß den Minamoto zumindest diese Beute verwehrt blieb. Dieses Manöver war typisch für Yoshitsune, der sich durch Kühnheit, Schnelligkeit und die fast unheimliche Gabe auszeichnete, die Reaktionen des Feindes vorauszuberechnen. Teil dieser Taktiken war es auch, bedeutende Risiken einzugehen und sich dabei ohne zu zögern über andere Befehlshaber hinwegzusetzen.
Der Erfolg, den seine Aktionen stets hatten, trug jedoch nicht unbedingt zu seiner Beliebtheit in den oberen Rängen der Befehlshaber bei, wenngleich ihn seine Untergebenen nahezu vergötterten.
Taira Tadanori
Taira Tadanori galt als renommierter Krieger und kühner Stratege, der die „beiden Wege von Bun und Bu“, die Wege des Hofes und des Militärs, zu meistern schien. Als Sieger der ersten Schlacht am Uji (1180 gegen Minamoto no Yorimasa) und Überlebender von Kurikara war es Tadanori, der die Verteidigung bei Ichi-no-Tani anführte.
Die historische Figur des Taira Tadanori war auch ein bedeutender Poet. Er hatte bei Fujiwara no Shunzei studiert, einem der führenden Meister seiner Zeit, und sein Name wurde unsterblich durch 16 Gedichte, die in kaiserlichen Anthologien aufgenommen wurden.
Als die Taira 1183 Kyoto verließen, kehrt Tadanori zu Shunzeis Haus zurück und überreichte ihm eine Schriftrolle mit über 100 Gedichten. Er bat Shunzei, sie für eine Anthologie in Betracht zu ziehen. Tadanori glaubte, daß der Hof Shunzei beauftragen würde, eine solche zusammenzustellen, sobald wieder Frieden im Land herrschen würde. Um die außergewöhnliche Ehre wiederzugeben, die mit der Aufnahme eines Gedichtes in einer kaiserlichen Anthologie verbunden war, sagte Tadanori, daß er „selbst im Grabe Freude verspüren und als Shunzeis Schutzpatron wiederkehren würde“, wenn auch nur ein Gedicht ausgewählt würde.
Und tatsächlich erhielt Shunzei den Auftrag für einen Gedichtband, dem Senzaishuu, den er 1187 fertigstellte. Und auch eines der Gedichte von Tadanori ist enthalten, allerdings war Tadanori zu diesem Zeitpunkt ein „Feind des Hofes“, darum schrieb Shunzei „Verfasser unbekannt“ unter das Gedicht. Als Okabe no Tadazumi, ein Samurai der Minamoto, Tadanori bei seiner Flucht erblickte, setzte er in vollem Galopp zur Verfolgung an, um die noble Beute zur Strecke zu bringen.
Als Tadanori ihn bemerkte, drehte er sich um und rief „Wir sind Freunde! Wir sind Freunde!“. Doch Okabe bemerkte, daß der vorgebliche Freund die unmännliche höfische Sitte übernommen hatte, seine Zähne schwarz zu färben und somit unmöglich ein Minamoto, sondern ein Taira war. Als Okabe die Taira erreichte, stoben die Begleiter von Tadanori, die nur Kari-musha (zeitweilig rekrutierte Soldaten) waren, in wilder Flucht davon. Doch Tadanori, so berichtet Heike Monogatari, besaß große Kraft. Nachdem er Okabe mehrmals mit dem Schwert treffen, die Rüstung jedoch nicht durchschlagen konnte, packte Tadanori seinen Gegner und war kurz davor, ihn zu enthaupten, als ein Diener von Okabe auftauchte und ihn mit einem kräftigen Hieb am rechten Arm verwundete.
Tadanori erkannte, daß dies sein Ende war und sandte noch ein Gebet an Amida Buddha und bat um seine Wiedergeburt im reinen Land, bevor sein Kopf die Schultern verließ. Okabe no Tadazumi war sich zwar bewußt, einen „würdigen General“ (yoi Tai-Shougun) getötet zu haben, doch seine genaue Identität war ihm noch unklar. Bei der Untersuchung der sterblichen Überreste fand Tadazumi jedoch ein Gedicht am Pfeilköcher, dessen Unterschrift den General als Taira Tadanori auswies. Okabe steckte den erbeuteten Kopf auf sein Schwert und begann seine Siegesproklamation.
Unter den Anwesenden, ob Freund oder Feind, war niemand, der keine Tränen vergoß, als er vom Tode Tadanoris hörte. „Wie traurig. Er war eine Person, die auf den Wegen des Militärs und auf den Wegen der Poesie wandelte, ein General, den man schmerzlich vermissen wird.“
Taira Atsumori
Auf einem anderen Teil des Strandes ereignete sich eine andere berühmte Geschichte der Heike Monogatari, die vom Tod des jungen Taira-Generals Atsumori durch die Hand des rauhen Bandou Kriegers Kumagae no Naozane handelt.
Getrieben vom unstillbaren Verlangen, Ehre zu erlangen, indem er würdige Gegner besiegt, ritt Kumagae no Naozane nach der Niederlage der Taira zum Strand. Er hoffte einen General unter den Taira zu entdecken, die in kopfloser Panik zu ihren Booten flohen. Die Situation auf den Booten war jedoch sehr ernst, einige waren bereits gesunken, nachdem Heerscharen von schwer gepanzerten Kriegern einzusteigen versuchten. Also wurde die Entscheidung getroffen, nur „würdige Krieger“ (yoki musha) an Bord zu lassen.
Die niederrangigen Krieger wurden mit Schwertern und Naginata auf Abstand gehalten und einigen, die es dennoch versuchten, waren bereits die Arme abgeschlagen worden. Vom Strand aus beobachtete Naozane das Treiben und entdeckte einen Krieger mit reich dekorierter Rüstung, die den Träger als hochrangigen Offizier auswies. Naozane forderte ihn unverzüglich heraus. Er rief dem Krieger zu, er solle nicht vor dem Feind davonlaufen, sondern zurückkehren und kämpfen. Ohne zu zögern drehte dieser um und stellte sich der Herausforderung. Doch Kumagae erwies sich als der Stärkere, warf seinen Gegner vom Pferd und sprang auf ihn, um seinen Kopf zu nehmen. Doch als Naozane den Helm des Kriegers entfernte, um ihn zu enthaupten, blickte er in das Gesicht eines 16jährigen Jungen, gepudert und die Zähne geschwärzt, wie es höfische Sitte war.
Die Reaktion von Naozane war zwiespältig: Einerseits übermannte ihn das Mitgefühl, da ihn die Jugend und Schönheit des Jungen an seinen eigenen Sohn erinnerte, der beim Angriff auf die Palisade verwundet worden war; andererseits ergriff ihn tiefe Ehrfurcht angesichts der höfischen Eleganz und Aufmachung. Er war schon kurz davor, den Jungen laufen zu lassen, als er sah, daß von rundumher Krieger der Minamoto auf sie zuströmten und Naozane wußte, daß diese keine Gnade zeigen würden.
Heike Monogatari schreibt: „‚Wenn du schon sterben mußt, dann laß es durch meine Hand geschehen. Ich werde dafür sorgen, daß Gebete für deine Wiedergeburt abgehalten werden.‘ Der junge Krieger erwiderte: ‚In der Tat, wenn es so sein soll, dann nehme er meinen Kopf sofort.‘ Und so nahm Kumagae, gerührt und geblendet von Tränen, daß ihm die Augen verschwammen und seine Hand zitterte, daß er kaum wußte, wie er mit der Klinge schlagen solle, den Kopf des jungen Taira.“ Naozanes Verhalten in der Gegenwart von Atsumori, den er kaiserlichen Höflingen gleichstellt, zeigt auch, wie weit die Taira das höfische Leben übernommen hatten.
Es ist auch ein ausgezeichnetes Beispiel, wie einfache Krieger dieser Zeit mit Mitgliedern des Kaiserhofes gesprochen haben könnten, mit Personen, die von ihrem sozialen Standpunkt aus gesehen buchstäblich „über den Wolken“ schwebten. Um Atsumori anzusprechen, benutzt Naozane die respektvollste Sprache, zu der klassisches Japanisch fähig ist – und klassisches Japanisch ist ausgesprochen reich in dieser Hinsicht. Atsumori hingegen spricht mit Naozane, wie ein Herr mit seinem Diener. Als Atsumori das Nanori von Naozane vernahm und dieser die Vorstellung seines Gegners erwartete, erwiderte Atsumori: „Nun, es gibt keinen Grund für mich, meinen Namen einer Person wie deinesgleichen anzusagen. Laß es einfach darauf beruhen, daß ich ein würdiger Gegner (guter Fang) bin.“
Später entdeckte Naozane in einem Brokatbeutel am Gürtel des jungen Taira eine Flöte, und ein Schwall von Mitleid überkam Naozane, als er erkannte, daß es das Flötenspiel von Atsumori war, dem er im Morgengrauen vor der Festung gelauscht hatte. Keiner der „zehntausend Reiter“ der Minamoto hätte eine Flöte auf die Expedition mitgenommen. Naozane bemerkt später: „Es gibt nichts schmerzlicheres als das Leben eines Mannes von Bogen und Pfeil. Wenn ich nicht in das Haus eines Kriegers (Bugei) geboren worden wäre, hätte ich diese unglückselige Erfahrung nie machen müssen. Die Qual, ihn so kalt zu töten.“
Das ist eine eindrucksvolle Erklärung gegen die Grausamkeit des Kriegshandwerkes, und die Passage ist um so beeindruckender, da sie von einem niederrangigen Krieger stammt, dessen ganzes Leben praktisch aus Kampf und Töten bestand. Auch wenn es nicht in der Heike niedergeschrieben ist, so ist in anderen Geschichten überliefert, daß sich Naozane später einem religiösen Leben widmete. Nach dem Gempai-Krieg soll er die Tonsur, das buddhistische Gelübte, abgelegt und seine Weisungen direkt von Hounen, dem Gründer der Sekte des „reinen Landes“ erhalten haben.
Historisch ist nachweisbar, daß Naozane sein Gelübte 1192, sieben Jahre nach Ende des Gempai-Krieges, ablegte. Der wahrscheinlichste Grund für diesen Sinneswandel war jedoch die Frustration wegen eines langanhaltenden Streits um Landbesitz. Doch in den Geschichten ist das Versprechen, sich um die Seele von Atsumori zu kümmern, der Grund für Naozane, ein Priester zu werden. So ging Naozane in die Geschichte ein, um als Mönch Rensei in dem Nou-Stück „Atsumori“ aus der Muromachi-Zeit wieder aufzuleben, der die Stelle der Schlacht von Ichi-no-Tani besucht, um für Atsumori zu beten.
Wenngleich Atsumori nur einen kurzen Auftritt in der Heike Monogatari hat, ist er doch ein denkwürdiger Charakter. Er ist mit seiner Eleganz ein Symbol für die Ise-Taira, die den Hofadel als führende Elite des Landes während des tumultvollen Überganges zum Mittelalter verdrängten und nun ihrerseits vom Schwertadel der Provinzen verdrängt wurden.
Atsumori war, schon wegen seiner Jugend, vermutlich nicht sonderlich stark und kein ernstzunehmender Gegner für den kampferprobten Naozane, wenn auch im Gempai Seisui Ki berichtet wird, daß Atsumori einen guten Kampf lieferte. Dennoch, indem sich Atsumori der Herausforderung stellte, offenbarte er ungewöhnlichen Edelmut.
Die Heike ist zwar voll von Heldentaten, doch nur wenige konnten sich einer Bewunderung erfreuen wie Atsumori. Dies liegt wahrscheinlich daran, daß sein Kampf eher eine noble aber bedeutungslose Geste war; der Höfling opfert sich selbst dem ungestümen Krieger, der dabei war, seine Welt zu überrennen.
Taira Shigehira
Als Sohn von Kiyomori war der historische Shigehira einer der fähigsten Generäle der Taira, auch wenn dies in der Heike Monogatari nicht zum Ausdruck kommt, da sich dieses Werk weit mehr auf die Überlegenheit der Minamoto konzentriert als auf die Siege der Taira während des Gempai-Krieges. So sind einige Erfolge von Shigehira nicht einmal erwähnt, andere werden Verwandten zugeschlagen.
Shigehira wurde zum meistgehaßten Taira nach Kiyomori, da man ihn für die Niederbrennung der bedeutendsten Tempel in Japan, Toudai-ji und Koufuku-ji in Nara 1180 verantwortlich machte. Für die Menschen, die damals glaubten, in der Zeit des Mappou, des Niedergangs der Welt zu leben, war die Zerstörung der Tempel, die vom Kaiserhaus und den Fujiwara beschirmt wurden, das Symbol für die Zerstörung der japanischen Nation selbst.
Heike zitiert die angeblichen Worte von Kaiser Shoumu, dem Erbauer des Toudai-ji: „Wenn mein Tempel gedeiht, dann gedeiht das Reich, wenn mein Tempel untergeht, wird auch das Reich untergehen.“ Und Heike kommentiert weiter: „Und es scheint somit, daß das Reich dem Untergang geweiht ist.“ Nach der Niederlage bei Ichi-no-Tani versuchte auch Shigehira, die rettenden Boote zu erreichen, er wurde jedoch aufgehalten und lebend gefangen genommen, ein höchst unübliches Vorgehen.
Shigehiras Gefangennahme resultierte hauptsächlich aus der Feigheit eines Verbündeten. Nur wenige namentlich erwähnte Krieger der Heike sind als Feiglinge gebrandmarkt, während die große Mehrheit der Krieger in den Geschichten Mut und manchmal sogar außergewöhnliche Tapferkeit zeigten. Shigehira wurde zum Verhängnis, von seinem Stiefbruder Morinaga begleitet worden zu sein. Beide ritten zu den Booten, als Shigahiras Pferd von einem Pfeil getroffen wurde, ein Glückstreffer aus beachtlicher Distanz, doch seine Flucht war damit zunächst gestoppt.
Morinaga ignorierte jedoch die Rufe von Shigehira und fürchtete wahrscheinlich, daß dieser sein Pferd beschlagnahmen würde, so daß er die verräterischen Abzeichen auf seiner Rüstung verbarg und so schnell wie möglich davonritt. Man nannte ihn daraufhin eine „ehrlose Person“. Alleingelassen, versuchte Shigehira sich zu ertränken, doch das Wasser war zu seicht. Also zog er seinen Dolch und wollte sich damit töten, doch seine Verfolger hatten bereits aufgeschlossen und nahmen ihn gefangen. In den meisten Fällen wurden die Gefangenen sofort exekutiert und ihre Häupter zusammen mit den anderen bei der traditionellen Inspektion der Köpfe ausgestellt.
Hochrangige Gefangene hatten jedoch oft eine öffentliche Demütigung vor ihrer Hinrichtung zu erleiden. Shigehira sollte allerdings eine weit längere Gefangenschaft erdulden. Ausgetragen im zweiten Monat des Jahres 1184 an der Küste der Inlandsee markiert die Schlacht von Ichi-no-Tani die erste große Niederlage der Taira seit ihrer Flucht aus Kyoto ein Jahr zuvor. Zehn der näheren Verwandten von Kiyomori wurden getötet, einer gefangengenommen.
Der einzige Hoffnungsschimmer war die gelungene Flucht des Kaisers Antoku nach Yashima, der Taira-Basis auf Shikoku.
Nächstes Mal (jikai):
Der Soldat und der (Ex-)Kaiser
Japanreise selbstgemacht
Autor: Michael B.
Artikel erschienen in: FUNime Nr. 42, Seite 19, Juni 2005
Eine Reise nach Japan, ins gelobte Land von Anime und Manga, davon träumt wohl jeder Fan. Doch es muß nicht beim Traum bleiben.
Zuerst stellt sich jedoch die Frage:
Pauschal oder individuell?
Pauschalreisen speziell für Animefans gibt es, sie sind aber sehr selten. Die meisten Japan-Paketangebote richten sich an gut betuchte Kulturtouristen, sind daher ziemlich teuer und natürlich nicht auf Anime-Sehenswürdigkeiten und -Shopping ausgelegt. Manche bieten jedoch einen gewissen Freiraum zur eigenen Planung. Etwas mehr Eigeninitiative und Mut erfordert es, die Reise komplett selbst zu planen, eventuell mit Hilfe von auf Japan spezialisierten Reisebüros. So kann man den optimalen Mix aus „normalen“ Besichtigungen und Fanaktivitäten erreichen.
Besonders hierfür ist dieser Artikel als Hilfestellung gedacht.
Was kostet das Ganze?
Als grobe Richtschnur dafür, ob man sich die Reise überhaupt leisten kann, hier ein paar Zahlen, die als untere Grenze zu betrachten sind, wenn man noch Spaß an der Sache haben will. Die realen Ausgaben werden selten niedriger, können aber sehr leicht höher liegen: Flug von Deutschland nach Japan und zurück: ca. 600 Euro Pro Tag: Unterkunft: ca. 4.000 Yen Essen: ca. 1.500 Yen Nahverkehr, Eintrittskarten, etc.: ca. 1.500 Yen Dazu müssen noch Ausgaben für einen JR-Paß (der die Nahverkehrskosten eventuell senkt) oder Fahrkarten für längere Entfernungen eingeplant werden, und natürlich für Einkäufe und Souvenirs!
Termin
Wer bei seiner Reise nicht bestimmte Veranstaltungen besuchen will, der hat die freie Auswahl, sollte aber manche Zeiten eher meiden. Klimatisch gesehen ist dies der Sommer: von der Starkregenzeit im Frühsommer über die (zumindest in Mittel- und Südjapan) erdrückende Hitze des Hochsommers bis zur Taifunsaison mit Höhepunkt im Spätsommer kann einem vieles den Spaß am Urlaub verderben.
Besser geeignet sind Frühjahr und Herbst, aber auch der Winter, der in Japan abgesehen vom Norden und den Bergregionen überwiegend mild und trocken ist. Ebenfalls meiden sollte man die Zeit um Neujahr, in der die Japaner traditionell ihre Verwandten besuchen, und viele Geschäfte (auch Bankautomaten!) und auch manche Sehenswürdigkeiten geschlossen sind.
Ähnliches gilt für die „Golden Week“, eine Ansammlung von Feiertagen zwischen 29. April und 5. Mai, sowie das O-Bon-Fest Mitte Juli (Ostjapan) und Mitte August (Westjapan), die als Hauptferienzeit gelten. Zu diesen Zeiten ist mit überfüllung und teilweise höheren Preisen bei Zügen, Flügen und Hotels zu rechnen.
Besonders sehenswert ist die Kirschblüte, die je nach Ort und Wetterlage unterschiedlich beginnt – in Tokyo normalerweise Ende März – und ca. 2 Wochen dauert.
Flug
Möglichkeiten, Flüge direkt und billig zu buchen, gibt es im Internet zuhauf, Reisebüros verlangen eine geringe Gebühr dafür. Man sollte auf jeden Fall frühzeitig buchen, mindestens drei Monate vor Reisebeginn, um günstige Angebote nutzen zu können. Eventuell sollte man dann eine Reiserücktrittsversicherung abschließen, die aber auch nur bei wirklich triftigen Gründen zahlt. Auch ist zu beachten, daß zwar bei Pauschalreisen der Veranstalter eine Versicherung abschließen muß, so daß man auch im Falle des Konkurses von Fluglinie oder Veranstalter wieder nach Hause kommt, man als Direktbucher jedoch keine solche Absicherung hat.
Im schlimmsten Fall muß man auf eigene Kosten mit einem teuren Linienflug heimfliegen – auch hier gibt es inzwischen Zusatzversicherungen. Gerade für Manga-Fans sehr wichtig: die Gewichtsbeschränkung des Fluggepäcks, die natürlich hauptsächlich beim Rückflug relevant ist. Bei Billigangeboten liegt sie, je nach Fluggesellschaft, meist um die 20 kg. Bei nicht ausgebuchten Flügen oder je nach Stimmungslage drücken die Angestellten am Abfertigungsschalter hier zwar manchmal beide Augen zu, doch darauf kann man sich nicht verlassen, und dann wird es richtig teuer: 50 Euro und mehr pro Kilo sind normal. Es kann sich also lohnen, einen etwas teureren Flug bei einer Fluggesellschaft mit höherer Gewichtsbeschränkung zu buchen – Reisebüros können hier bei der Auswahl helfen.
Ein zusätzlicher Trick ist, möglichst viele schwere Gegenstände ins Handgepäck zu packen – Mangas sind dafür heiße Kandidaten. Zwar gibt es eigentlich auch hier ein Maximalgewicht, dieses wird jedoch nicht kontrolliert. Allzu sperrig darf die Tasche oder der Rucksack aber nicht sein, und gegenüber dem Fluglinienpersonal läßt man sich dessen Gewicht besser nicht anmerken.
Unterkunft
Hier kann man, wenn man keine allzu hohen Ansprüche hat, viel Geld sparen, indem man statt in einem großen Hotel in einem Ryokan oder Minshuku, einer Art Pension, übernachtet. Dabei muß man in kleinen, meist älteren und als Familienbetrieb geführten Unterkünften zwar oft mit Gemeinschaftsbad und -Toilette vorlieb nehmen, kann aber für 5000 Yen und weniger pro Tag übernachten.
Noch etwas billiger sind Jugendherbergen (die eine Mitgliedschaft im internationalen Verband erfordern) und ähnliche Einrichtungen, wo man dann aber meist in Gemeinschaftsräumen schläft. Für japanisch eingerichtete Zimmer (washitsu) besteht oft die Möglichkeit, zusätzliche Futons auslegen zu lassen. So können auch 3 oder mehr Personen in einem Zimmer übernachten, wobei pro Person weniger bezahlt werden muß, jedoch insgesamt deutlich mehr als für ein Einzelzimmer.
Dank Internet sind inzwischen auch eine ganze Reihe kleiner Hotels, Ryokan und Minshuku direkt und in Englisch per WWW und E-Mail erreichbar, so daß man die Zimmer problemlos selbst buchen kann.
Herumkommen in Japan
Bei U-Bahn und Nahverkehrszügen kauft man die Fahrkarte vorher, erhält sie beim Durchschreiten der Sperre zurück und muß sie am Ziel dazu erneut verwenden. Falls man das Ziel auf der Preistafel nicht findet, weil diese nur in Kanji vorhanden ist oder in einem anderen Netz liegt (s.u.) kann man die billigste Karte nehmen und am Ziel dann am „Fare Adjustment“-Automaten den Fehlbetrag nachzahlen.
In Tokyo gibt es eine Kooperation zwischen U-Bahn und den regionalen Bahngesellschaften, nicht aber JR, so daß man mit einer Fahrkarte zwischen den Netzen wechseln kann. Dies ist aber etwas teurer als wenn man im gleichen Netz bleibt. In manchen U-Bahnhöfen in Tokyo muß man beim Wechsel zwischen verschiedenen Linien weite Strecken zurücklegen und verläßt dabei auch den Sperrenbereich. An speziellen, orange markierten Sperren erhält man dabei seine Fahrkarte zurück, so daß man keine neue braucht.
Bei Bussen gibt es entweder einen Pauschalpreis pro Fahrt, oder man zieht beim Einsteigen eine Nummer. Beim Aussteigen zahlt man dann den auf einer Anzeigetafel zu dieser Nummer gehörigen Betrag. Beim Fernverkehr hat man die Wahl zwischen Fernbussen und den Zügen der ehemaligen Staatsbahn JR.
Glücklicherweise hat gerade die ein spezielles, hochinteressantes Angebot nur für Touristen:
den JR Rail Pass. Dieser erlaubt es dem Inhaber, während der Geltungsdauer im Geltungsgebiet alle JR-Bahnlinien einschließlich der Shinkansen-Schnellzüge und mancher Bus- und Fährlinien ohne weitere Kosten zu benutzen. Ausgenommen sind lediglich Sonderzüge und der Nozomi, die schnellste der drei Shinkansen-Klassen auf der Hauptstrecke von Tokyo nach Süden. Bei Nachtzügen muß man den Expresszuschlag und das Abteil, nicht aber die Fahrt bezahlen.
Es gibt folgende Ausführungen des JR Rail Passes:
Name | Gültigkeitsgebiet | Gültigkeitsdauer |
---|---|---|
JR Pass | Ganz Japan | 7, 14 oder 21 Tage (zusammenhängend) |
JR East Pass | Nordöstliche Hälfte der Hauptinsel Honshu | 5 oder 10 Tage (zush.) oder 4 beliebige Tage innerhalb eines Monats |
Hokkaido Rail Pass | Insel Hokkaido | 3 oder 5 Tage (zusammenhängend) |
Kyushu Rail Pass | Insel Kyushu | 5 Tage (zusammenhängend) |
Kansai Area Pass | Kansai-Gebiet, etwa von Kyoto bis Himeji | 1, 2, 3 oder 4 Tage (zusammenhängend) |
Sanyo Area Pass | Sanyo-Gebiet, etwa von Osaka bis Hiroshima | 4 oder 8 Tage (zusammenhängend) |
Achtung:
Die Gültigkeit der Pässe ist zusammenhängend. Man sollte sich also gut überlegen, ab wann man den Pass laufen läßt! Diese Pässe unterscheiden sich neben Geltungsgebiet und -dauer natürlich im Preis, wobei es teilweise unterschiedliche Preisklassen für Erwachsene, Kinder und Jugendliche gibt, oder auch eine teurere Version für die 1. Klasse (Green Car).
Der JR Pass ist zwar nicht billig, doch wenn man etwas weiter herumkommen will, etwa ab zwei längeren Shinkansen-Fahrten, lohnt er sich auf jeden Fall. Zu beachten ist dabei, daß man den JR Pass nicht in Japan kaufen kann, sondern schon daheim einen Gutschein von einem Reisebüro erwerben muß. Diesen kann man dann in Japan bei einem JR-Schalter (es gibt schon am Tokyoter Flughafen einen) in den Paß umtauschen – erst dann wird auch festgelegt, wann die Geltungsdauer beginnt.
Desweiteren sollte man bei Shinkansen-Fahrten zuvor einen Platz reservieren, was mit dem JR Pass an den midori no madoguchi-Schaltern von JR kostenlos ist. Denn im Shinkansen gibt es nur wenige oder gar keine Waggons mit nicht reservierten Plätzen (jiyuuseki). Nachtzüge kosten zwar zusätzlich, sparen aber wertvolle Zeit und auch Hotelkosten. Eine anstrengendere (aber mit JR Pass gänzlich kostenlose) Alternative sind Nachtbusse.
Ein anderes JR-spezifisches Angebot ermöglicht sogar noch billigere Reisen: das Seishun 18 Ticket, das mit dem deutschen Wochenend-Ticket vergleichbar ist, also zu einem niedrigen Festpreis (2.300 Yen) an einem Tag beliebige Fahrten erlaubt, jedoch nur mit Nahverkehrszügen. Genauer gesagt: das Ticket gilt für normale (futsuudensha, kakuekiteisha) und Schnellzüge (kaisoku), nicht aber für Expresszüge (kyuukou, tokkyuu) und den Shinkansen.
Anders als der Name vermuten läßt gibt es dabei keine Altersbeschränkung, auch wenn das Angebot ursprünglich an Schüler und Studenten gerichtet war. Deswegen ist es auch nur zu den Schulferienzeiten gültig, derzeit vom 1. März bis 10. April, vom 20. Juli bis 10. September sowie vom 10. Dezember bis 20. Januar. Verkauft werden die Tickets schon etwas vor dem Gültigkeitszeitraum, aber nicht ganz bis zu dessen Ende. Außerdem ist beim Seishun 18 Ticket zwar eine Gruppennutzung sinnvoll, jedoch nicht wegen des Preises: man erwirbt nämlich immer 5 Abschnitte zusammen (für 11.500 Yen), von denen jeder einen Tag lang für eine Person gültig ist, nachdem er abgestempelt wurde. Übriggebliebene Abschnitte werden von den in der Nähe großer Bahnhöfe anzutreffenden inoffiziellen Ticketgeschäften gehandelt; hier kann man auch noch gegen Ende der Saison ein Seishun 18 Ticket erhalten, wenn offiziell keine mehr verkauft werden.
Letztendlich kann man so zwar sehr billig reisen, doch man braucht dafür Zeit – viel Zeit: eine Fahrt von Tokyo nach Osaka, für die der Shinkansen etwa zweieinhalb Stunden benötigt, kann mit Bummelbahn und mehrfachem Umsteigen leicht acht Stunden dauern! Wer sich eine Japanreise leistet, dem wird seine Zeit dort für so etwas wohl zu wertvoll sein, außer er will unbedingt Rucksacktourismus-Flair erleben. Denn sonderlich pittoresk sind die meisten japanischen Bahnstrecken leider auch nicht.
Geld
Obwohl in Japan Taschendiebe äußerst selten sind, wird kaum jemand sein ganzes Reisebudget in bar herumtragen wollen. Eine gegen Verlust und Diebstahl schützende Alternative sind Reiseschecks, die man im Heimatland schon auf Yen ausstellen lassen kann, gegen eine geringe Gebühr, in der Regel 1%. Anders als bei uns gibt es in Japan jedoch praktisch keine Geschäfte oder Restaurants, die Reiseschecks als Bezahlung annehmen, man muß sie also zuerst in Bargeld umtauschen. Dies ist bei den meisten Banken kostenlos, verursacht aber zusätzlichen Aufwand, meist muß man Formulare ausfüllen.
Kreditkarten sind in Japan als Bargeldersatz leider nur eingeschränkt geeignet. Zwar akzeptieren fast alle Hotels und Ryokans sowie viele Geschäfte Visa, Mastercard und American Express – aber eben nicht alle, und manche auch erst ab einem relativ hohen Einkaufswert. Noch schlimmer: fast alle Banken erlauben Bargeldauszahlung nur für in Japan ausgestellte Kreditkarten. Eine verbreitete Ausnahme bildet dabei die Citibank.
Seit einiger Zeit gibt es jedoch einen großen Lichtblick: die japanische Postbank akzeptiert an ihren Geldautomaten Karten (auch ausländische) mit dem Maestro-Symbol – und das prangt auf den meisten deutschen ec-Karten, zudem sind auch noch die Barabhebegebühren niedriger als bei Kreditkarten.
Shopping
Kaum ein Fan wird Japan bereisen, ohne ausführlich einkaufen zu gehen. Anime ist bekanntlich als Neuware ausgesprochen teuer, doch dafür gibt es einen regen Gebrauchtmarkt, ebenso für Manga, Videospiele, CDs und sogar Pencilboards und sonstige Merchandise-Artikel.
Book-Off ist eine große Kette mit Filialen in ganz Japan, die hauptsächlich gebrauchte Bücher verkaufen, wobei Manga einen beachtlichen Teil des Angebots ausmachen. Doch auch Videospiele (inkl. Hardware), Musik-CDs und DVDs (viel davon Anime) erhält man hier teilweise sehr günstig.
Mandarake ist wohl die unter Fans bekannteste Ladenkette – zu Recht, denn nirgendwo ist das Angebot an gebrauchten Manga, Anime und allem, was dazugehört (Artbooks, Cels, Modelkits, etc.) vielfältiger. Legendär ist auch das Cosplay der Angestellten in der Filiale in Shibuya.
Wer hingegen Neuware sucht, ist in den Filialen von Animate gut aufgehoben – besonders Merchandise-Sammler können sich hier austoben.
Cosplayer hingegen finden bei Cospa, einem kleinen Geschäft in Shibuya, alles was das Herz begehrt.
Solange man nicht zu exotische Titel sucht, kann man neue Manga in praktisch jedem Buchladen finden, und Anime werden in vielen Videotheken auch verkauft, z.B. bei der großen Kette Tsutaya.
Natürlich gibt es auch viele weitere interessante Läden, im Internet finden sich diverse Einkaufsührer speziell für Animefans. Besonders konzentriert und daher einer besonderen Erwähnung würdig sind die Läden an zwei Orten in Tokyo und einem in Osaka: Im Stadtteil Nakano befindet sich im Einkaufszentrum Nakano Broadway (hinter der „Sun Mall“) die Zentrale von Mandarake, die mit zahlreichen getrennten und spezialisierten Abteilungen und ergänzt durch eine Reihe anderer Geschäfte alles bietet, was das Fanherz begehrt. Insbesondere das Angebot an Cels und Doujinshi ist groß.
Akihabara ist seit Jahrzehnten das Mekka der Elektronik, ein Stadtviertel, in dem man wirklich alles kaufen kann, was mit Strom betrieben wird: Computer, Videokonsolen, Handys, MP3-Player – und meist früher als irgendwo anders. Doch auch eine Reihe von Anime- und Manga-Geschäften gibt es hier, klein und groß, mit neuer und gebrauchter Ware. Besonders reichhaltig ist das Angebot an Videospielen. Die Zahl der interessanten Läden ist zu groß, um sie einzeln aufzuzählen, sie sind jedoch entlang der Chuou-doori und in den Seitenstraßen so zahlreich und dicht gesät, daß man nicht lange suchen muß.
Während Akihabara weltweite Bekanntheit genießt, ist Osakas Äquivalent Den-Den Town noch fast ein Geheimtipp, obwohl das Angebot qualitätsmäßig (wenn auch vielleicht nicht von der Masse her) unter Kennern sogar als besser gilt.
Allgemein sollte man Einkaufstouren für das Ende der Reise einplanen und sich vorher zurückhalten, damit man nicht zu viel Gewicht quer durch Japan schleppen muß.
Sehenswürdigkeiten
Für „normale“ Sehenswürdigkeiten gibt es Reiseführer – hier also nur die „Spezialitäten“. An erster Stelle steht wohl das Ghibli-Museum in Mitaka bei Tokyo, das ein wundervolles Erlebnis und exklusive Kurzfilme bietet, die nur dort gezeigt werden. Innerhalb des Gebäudes ist Fotografieren nicht erlaubt. Karten müssen im Voraus für einen bestimmten Besuchstermin gekauft werden, innerhalb Japans in Geschäften der Lawson-Kette. Für Touristen gibt es zwar einen Vertrieb über JTB, aber leider nicht in Deutschland, eventuell kommt man über die italienische oder französische Zweigstelle an Karten.
Fans des „Manga-Gottes“ TEZUKA Osamu ürfen sich einen Besuch im Tezuka-Museum in Takarazuka bei Osaka nicht entgehen lassen, allerdings sollte man nicht zu viel erwarten – das Museum ist recht klein. Das läßt einem immerhin Zeit, sich auch den unübersehbaren Monumentalbau der Takarazuka-Revue und die Fotos und Statuen der Darstellerinnen der Adaption von Lady Oscar anzusehen, mit Glück und guter Planung vielleicht sogar eine Vorstellung.
Der Comiket ist zwar eine Veranstaltung, aber auf jeden Fall sehenswert. Die zweimal im Jahr (Mitte August und um Neujahr) stattfindende Doujinshi-Verkaufsmesse zieht unglaubliche Menschenmassen an, darunter die größte Zahl an Cosplayern, die man je an einem Ort, nämlich der dafür vorgesehenen Terrasse, sehen wird. Der Eintritt ist frei, dafür gestaltet sich die Anreise aufgrund der Menge der Besucher strapaziös und langwierig, stundenlange Wartezeiten sind üblich.
Für Animefans von eher symbolischem Interesse ist der Tokyo Tower, doch auch der Ausblick über die Stadt ist nicht ohne, dafür muß man jedoch Schlange stehen und auch recht tief in die Tasche greifen. Eine (zumindest für Fans von CLAMPs X/1999) gleichwertige und kostenlose Alternative ist die Aussichtsplattform im Nordturm des Tokyoter Rathauses.
Sonstiges
- Als Tourist aus einem EU-Land benötigt man in Japan kein Visum, bzw. man erhält bei der Einreise mit Reisepaß automatisch ein Touristenvisum, das für 90 Tage gültig ist und auf 180 Tage verlängert werden kann.
- Die Zeitverschiebung gegenüber Deutschland beträgt 7 Stunden während der Sommerzeit, sonst 8 Stunden.
- Das Stromnetz in Japan entspricht in Steckerform und Spannung (100V) nahezu dem in den USA.
- Internetcafės gibt es reichlich, die meisten sind gleichzeitig auch Manga-Cafės.
- Öffentliche Telefone gibt es von NTT in grüner, grauer und oranger Ausführung, wobei die neuen orangen andere Telefonkarten (IC card) benötigen als die älteren. Die orangen und manche graue Telefone erlauben Auslandsgespräche, mit Anleitung dazu innerhalb der Zellen.
- Deutsche Handys sind in Japan nutzlos, da dort nicht der GSM-Standard vorherrscht.
- Trinkgeld ist in Japan generell unbekannt. Lebensmittel sind vor allem in Supermärkten deutlich teurer als in Deutschland, in billigen Restaurants zahlt man hingegen kaum mehr als bei uns. Viele Kleinigkeiten wie Schreibwaren, aber auch einige Lebensmittel, bekommt man am billigsten in den verbreiteten 100-Yen-Shops. Die meisten Geschäfte haben Sonntags geöffnet. Viele Sehenswürdigkeiten schließen relativ früh, Supermärkte ähnlich wie bei uns, Convenience Stores überhaupt nicht. Auch die Bankfoyers mit den Geldautomaten sind nachts und an Feiertagen meist geschlossen.
Links
Anime-Pauschalreisen:
- www.jaltour.de
- www.jasms.de/diverses/reise_2005/reise_2005.html (Link ist nicht mehr gültig)
Generelle Informationen:
- www.jnto.de
- www.tokyo-guide.de
- www.infojapan.de
- http://de.travel.yahoo.com/g-asia-japan.html (Link ist nicht mehr gültig)
- www.stud.lmu.de/~johannes.borchart/Reisetips.htm (Link ist nicht mehr gültig)
- www.japan-guide.com
- http://gojapan.about.com
- http://japanvisitor.com
Reisebüros mit Japanbezug:
Zug & Bus:
- https://www.hyperdia.com/
- http://ekitan.com
- https://world.jorudan.co.jp/norikae/cgi-bin/engkeyin.cgi
- www.japan-guide.com/e/e2356.html
- www.japan-guide.com/e/e2366.html
Hotels, Ryokans, Minshoku:
- www.e-stay.jp
- www.minshuku.jp/english/list.html
- www.lgj-net.com (Link ist nicht mehr gültig)
- www.jpinn.com
- www.ryokan.or.jp/index_en.html (Link ist nicht mehr gültig)
- www2.tocoo.jp
- https://www.japaneseguesthouses.com/
- www.newkoyo.jp
Jugendherbergsverbände:
Offizielle Stellen:
- www.tokyo.diplo.de
- www.osaka-kobe.diplo.de
- Japanische Botschaft in Deutschland
- http://web-japan.org/region
Einkaufsführer:
- www.jasms.de/diverses/einkauf/e_japan.html
- www.users.globalnet.co.uk/~yuna/Newshopguide04.htm (Link ist nicht mehr gültig)
- www2.neweb.ne.jp/wd/anime/shop/shop.html (Link ist nicht mehr gültig)
- http://tokyopia.com/tk/archives/000378.php