Maison Ikkoku Special
Autor: Karsten Schubert
Review erschienen am: 30. April 2006
Maison Ikkoku ist eine Mangaserie von Rumiko Takahashi über ein Mietshaus und seine Bewohner, die 1980 für eine neu gegründete Zeitschrift für junge Erwachsene geschrieben wurde und von 1982 bis 1987 in Form von 15 Sammelbänden zusammengefasst wurde, woraus für die deutsche Veröffentlichung schließlich 10 etwas dickere Bände gemacht wurden. Aufgrund ihres recht großen Erfolgs entstanden auch noch eine 96-teilige TV-Serie, ein Kinofilm, ein Realfilm und mehrere Specials.
Die Hauptfigur ist der junge Yusaku Godai, der zu Beginn der Geschichte gerade frisch ins Maison Ikkoku eingezogen ist und für die Eingangsprüfung der Universität lernt und ziemlich unter dem bizarren Verhalten seiner Mittbewohner zu leiden hat, da er keinerlei Durchsetzungsvermögen besitzt. Doch da bekommt das Maison Ikkoku eine neue Hausmeisterin, die junge und hübsche Kyoko Otonashi, in die sich Godai augenblicklich verliebt.
Und damit nimmt eine Geschichte ihren Lauf, die sich allerdings in einigen Punkten deutlich von Takahashis anderen längeren Serien unterscheidet. Zunächst einmal hat diese Serie ein klares Ende, bei dem im wesentlichen alle wichtigeren Handlungsstränge der Serie aufgegriffen und zu einem Ende geführt werden.
Aufgrund der älteren Zielgruppe stehen hier auch weniger Slapstick oder überzogene Action-Elemente im Vordergrund, sondern vor allem die Charaktere selbst, bzw. ihre gar nicht mal so ungewöhnlichen Erlebnisse. So macht Godai neben seiner sehnsüchtigen Beziehung zu Kyoko Otonashi einiges mit, denn auch als er es endlich auf seine Uni geschafft hat, sind seine Probleme bei weitem nicht vorbei. Er muß seine Prüfungen schaffen, sich für einen Beruf entscheiden (sollte er vielleicht versuchen Lehrer zu werden?
Die Nachhilfe mit Kyokos kleiner Nichte hat zumindest gut gklappt. Oder ist er vielleicht doch besser für andere Berufe geeignet?) und schließlich einen Job finden. Denn erst mit einem stabilen Einkommen kann er es wagen, Kyoko einen Antrag zu machen, oder? Und durch diese sechs entscheidenden Jahre seines Lebens begleitet ihn der Manga und man erlebt an seiner Seite Höhen und vor allem Tiefen. Denn jedes Mal, wenn er versucht seiner Angebeteten etwas näher zu kommen, geht etwas daneben. Und was hätte er ihr schon zu bieten?
Doch dabei lernt man auch andere Charaktere kennen, wie zum Beispiel Kyoko. Denn obwohl sie immer noch ausgesprochen jung ist, ist sie schon verwitwet. Sie hatte in der Schule einen jungen Lehrer bezirzt und ihn tatsächlich geheiratet, doch leider hielt ihr junges Glück nicht lange. Und nun will ihre Mutter sie so schnell wie möglich wieder unter die Haube bringen, während ihr Vater schon immer gegen eine Hochzeit seiner Tochter war.
Nur ihr Schwiegervater respektiert, dass sie immer noch trauert und momentan noch nicht die Zeit für eine neue Beziehung ist. Weder zu dem in jeder Beziehung armen Yusaku Godai, noch zu diesem gutaussehenden, reichen Tennislehrer Mitaka, der buchstäblich jeder Frau den Kopf verdrehen kann, sich aber ausgerechnet in Kyoko verguckt hat.
Und dann gibt es natürlich noch viele andere Charaktere. Neben den zahlreichen mehr oder minder nervigen Mitbewohnern des Maison Ikkoku wären da vor allem zu nennen: Kozue, ein ziemlich naives und unschuldiges Mädchen, das Godai von früher her kennt. Als er seine Chancen bei Kyoko schwinden sieht, stellt er sie als seine Freundin vor.
Obwohl er schon lange überlegt, wie er seine Beziehung zu ihr friedlich beenden kann, waren ihre zahlreichen Einladungen zum Essen in einigen schweren Zeiten für ihn geradezu lebensnotwendig. Ibuki Yagami ist Klassensprecherin in einer Klasse, in der Godai als Referendar arbeitet. Dabei verguckt sie sich in ihn und versucht bei ihm das gleiche, was Kyoko vor ein paar Jahren an der gleichen Schule bei ihrem damaligen Lehrer gelang.
Doch irgendwie ist ihr dabei immer wieder „diese Hausmeisterin“ im Wege. Was bei dem Manga immer wieder sehr schön zu Tage tritt, sind die detaillierten Charaktere, die mit ihren fein abgestimmten und nur leicht überspitzten Verhaltensweisen gar nicht mal so unrealistisch wirken. Dabei gelang es Rumiko Takahashi auch noch zahlreiche reale Probleme praktisch im Vorbeigehen abzuhandeln und dennoch spannende und unterhaltsame Geschichten zu schreiben, die am Ende einen einzigen fulminanten Schluss bilden.
Die TV-Serie
Die von 1986 bis 1988 entstandene 96-teilige TV-Serie versucht sich auch in vielen Bereichen halbwegs eng an die Geschichte des Manga zu halten, im weiteren Verlauf mussten aber doch mehr oder minder große Änderungen vorgenommen werden. So wird zum Beispiel Godais Arbeitssuche deutlich abgekürzt oder Nikaido, der im wesentlichen das exakte Gegenteil des unsicheren Godai ist und der im späteren Verlauf die Wohnung Nummer 2 bewohnt, wurde komplett gestrichen. Auch der häufig genug eher stille und hintergründige Humor des Manga geht in der Serie leider ein wenig unter und wird häufig genug durch Slapstick-Sequenzen ersetzt.
Ein großes Problem für die interessierten Fans ist natürlich die schlechte Verfügbarkeit der Serie. So kann man sie gerade mal in etwas veränderter Form aus dem französischen Sprachraum beziehen oder in Form von 8 Boxsets aus den USA, die teilweise auch noch schlecht im normalen Handel zu finden sind.
Insgesamt zwar keine schlechte Serie, aber an das Niveau des Manga kommt man einfach nicht heran. Auch die englische Synchronfassung kann seit längerem keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor locken. Wer sich mit dieser Fassung überhaupt nicht anfreunden kann, könnte auch noch bei der französischen Fassung zugreifen, obwohl man dort einige zusätzliche Veränderungen vornahm.
Der Kinofilm
Wesentlich besser steht es um die Verfügbarkeit des Maison Ikkoku Kinofilms aus dem Jahr 1988. Dieser wird in Deutschland nämlich von Anime Virtual vertrieben. Der Kinofilm hat dabei allerdings mit einem kleinen Problem zu kämpfen: Er ist auf Kenner des Manga oder auch der TV-Serie ausgerichtet, denn er spielt kurz vor dem Ende der Serie.
Schon am nächsten Tag soll die Hochzeit zwischen Godai und Kyoko stattfinden und die Hausbewohner sind mal wieder damit beschäftigt, alles für eine Feier vorzubereiten. Doch beim Vorfeiern können die Mitbewohner es sich wie üblich nicht verkneifen, Godai nervös machen zu wollen. Denn wieso wartet Kyoko so sehnsüchtig auf einen Brief? Könnte sie eventuell noch in letzter Sekunde abspringen und die Hochzeit absagen? Welche Frau sollte schon ein ernsthaftes Interesse an dem eher unselbstständigen und alles andere als wohlhabenden Godai haben?
Und dann erscheint auch noch Yagami auf der Bildfläche. Sie hatte angekündigt, an ihrem 20. Geburtstag wieder bei Godai vorbei zu schauen. Und sie weiß noch nichts von der bevorstehenden Hochzeit von Godai und ihrer Konkurrentin Kyoko. Wird der Abend in einer Katastrophe enden?
Und als wenn das nicht schon genug Turbulenzen bedeutet, entscheiden sich auch noch viele andere Bekannte, an diesem Abend dem Maison Ikkoku einen Besuch abzustatten. Dieser Film basiert alleine auf der TV-Serie und man schaffte es dabei auch durchaus, viele der typischen Elemente des Manga in den 65-minütigen Film einzubauen und auch noch die Geschichte mit Yagami abzuschließen, die im Manga am Ende gar nicht mehr auftauchte.
Man hat sowohl die nervenstrapazierenden Szenen mit den Nachbarn, wie auch Komik, Romantik und Storyentwicklung in dem Movie untergebracht. Er wirkt wie ein zusätzliches Kapitel des Manga, das plötzlich zu laufen anfängt.
Die Zeichnungen sind dabei gut gelungen, nur bei der Hintergrundmusik hält man sich bei diesem handlungslastigen Film etwas zurück. Die Bildqualität der DVD ist in Anbetracht des Alters des Films ausgesprochen gut. Nur gelegentlich macht sich ein leichtes Hintergrundrauschen bemerkbar. Sowohl bei den Farben als auch an der Bildschärfe kann man nicht meckern. Das Bild ist im 4:3 Format, was jedoch damals das normale Format vieler Anime-Kinofilme war.
Die Tonspur liegt sowohl in Deutsch wie auch in Japanisch in Dolby Digital 2.0 vor, wobei der Ton mit Ausnahme von Hintergrundgeräuschen praktisch nur aus dem Center-Lautsprecher kommt. Auch dies ist in Anbetracht des Alters des Films eine verständliche Einschränkung. Der japanische Ton ist für sein Alter aber immer noch in einem sehr guten Zustand. Die deutsche Synchronfassung wurde natürlich neu produziert, und kann dank sehr guter Sprecher und gut ausgearbeiteter Charaktere auch voll überzeugen.
Im Vergleich zu den gut lesbaren gelb-schwarzen Untertiteln kann man zwar hier und da kleine Vereinfachungen entdecken, die jedoch das Verständnis für einen unbedarften Zuschauer eher erhöhen.
An Extras gibt es einen Fächer, ein 20-seitiges Beiheft mit einer Einführung der Charaktere und Handlungshintergründe (erstellt in Zusammenarbeit mit der FUNime), sowie einen sogenannten Flirtratgeber, der sich jedoch eher als Auflistung der Charaktereigenschaften der meisten handelnden Figuren herausstellt.
Auf der DVD selbst gibt es außerdem noch einen einfachen Bildschirmschoner für den Computer. Alles in allem eine sehr gelungene DVD, bei der jedoch leider nur Kenner des Manga die vielen kleinen Nettigkeiten wirklich verstehen können, die in diesem 65-minütigen Film stecken. Unvorbereitete Zuschauer können dank der Beihefte zwar eine gewisse Ahnung für die Handlung des Mangas bekommen, doch den Manga oder die TV-Serie kann man damit natürlich nur unvollkommen ersetzen.