- Funime Nr.12
- Editorial
- News & Trends
- SonMay erobert Deutschland
- BPjS, FSK-Freigabe, Indizierung?
- Sanctuary – Visionen der Jugend
- Rurouni Kenshin – Tsuioku Hen
- Oh! My Goddess
Hallo,
ganz Deutschland schreibt nach den neuen Rechtschreibregeln.
Ganz Deutschland?
Nein!
Eine kleine Redaktion, verteilt über die ganze Republik, verwehrt sich dem Diktat der Kultusminister.
Mittlerweile ist die FUNime eines der wenigen Printmedien, das sich den neuen Regelungen verweigert. Natürlich hat das überwiegend pragmatische Gründe. Wozu in neue teure Hardware (Duden, 21. Auflage) oder Software (Layout- und Textprogramme) investieren, nur weil es sogenannten Pädagogen plötzlich einfällt, daß „daß“ in Zukunft „dass“ geschrieben wird, weil es ja so viel schlüssiger und einfacher sei.
Wir von der FUNime halten neben der Diskussion über die neue Rechtschreibung auch die Regelung selbst für überflüssig, mehrdeutig und in weiten Teilen auch absolut unverständlich und lehnen sie – wie viele bekannte Autoren und Publizisten auch – ab.
Genau wie bei Software, bei der man üblicherweise auch erst einmal einige Servicepacks abwarten sollte oder gar einige Versionen ausläßt, warten auch wir auf eine „richtige“, einheitliche Rechtschreibreform. Und solange es diese nicht gibt, sehen wir derzeit keinen Grund, jedem neumodischen Trend stur hinterherzulaufen!
Gesprächsthema Nummer 1 der letzten Wochen war ohne Zweifel die Animenacht auf dem Kölner Privatsender VOX. Nachdem es offenbar massive Proteste gegeben hatte, entschloß sich der Sender, den Hentaifilm Cool Devices abzusetzen und Countdown Stories massiv zu kürzen. Auch der Vorstand der Tomodachi hat sich mit einem Schreiben an VOX gewandt.
Ihr findet den Brief in dieser Ausgabe abgedruckt. Natürlich entfachte die weise Entscheidung von VOX, die sich mit Anime bekanntermaßen ein neues Standbein schaffen wollen, wieder einmal eine Diskussion über Zensur, Jugendschutz und den allgemeinen Konservatismus in Deutschland.
Auch zu diesem Thema haben wir kurzfristig einen Artikel vorbereitet, der die ganzen rechtlichen Grundlagen ein wenig beleuchtet.
Das letzte und wichtigste Thema ist jedoch der Kinostart von Mononoke Hime in den USA! Denn was in den Staaten läuft, wird auch zweifelsohne nach Deutschland schwappen.
Einen tollen Anime-Winter wünschen Euch
Ron & die FUNime Redaktion
Anime News and Trends
News aus Deutschland
RTL2 zeigt sich von den Einschaltquoten von Pokémon hocherfreut. Stolz verkündete der Sender, daß im Schnitt 45%, manchmal sogar bis zu 51%, aller Zuschauer der Altersgruppe 3-13 durch diese Sendung vor den Fernseher gelockt werden.
Wesentlich weniger positiv sind hingegen die Einschaltquoten von Dragon Ball, die bislang noch nicht einmal die Quoten der Wiederholung von Sailor Moon erreichen konnten. Daher wird auch offen eine Einstellung dieser Serie in Erwägung gezogen.
In Hinsicht auf Pokémon wird man wohl wesentlich mehr erwarten dürfen, nicht zuletzt wenn man einen Blick auf die US-Kinonachrichten wirft.
Seit Mitte November werden die ersten Staffeln beider Serien auf RTL2 wiederholt, um auch nachträglichen Einsteigern den Zugang zur Serie zu ermöglichen. Außerdem mehren sich Gerüchte, daß der Sender im nächsten Jahr auch die Serie Card Captor Sakura ausstrahlen wird!
Seit dem 27.11. zeigt außerdem RTL um 7:35 Uhr unter dem Namen Ein Fall für Super Pig die Magical Girl-Serie Tonde Buurin – unbedingt anschauen!
Vox war von den Einschaltquoten der Anime-Nacht recht angetan. So wird man in der Zukunft auf weitere Aktionen in dieser Richtung hoffen können.
Relativ überraschend wurden jetzt auch die ersten deutschen DVDs einiger OVA-Titel angekündigt. So soll bereits im Januar Plastic Little erscheinen (mit deutschem und japanischem Ton, deutschen Untertiteln, Preis 49,95 DM), später (eventuell sogar schon im März) sollen auch noch Record of Lodoss War und Bubblegum Crisis erscheinen.
News aus GB
Pioneer UK hat seine schon seit längerem bestehenden Vereinbarungen mit Viz genutzt und die Viz-Serie Nightwarriors – Darkstalkers´ Revenge (siehe FUNime 11, Seite 26) veröffentlicht.
Manga Entertainment UK hat die Erscheinung der geplanten Ghost in the Shell-DVD auf den 21. Februar verschoben. Trotzdem konnte man bereits weitere DVD-Titel ankündigen, die sich interessanterweise wie die geplanten Ankündigungen von Manga Entertainment USA lesen.
So soll bereits im März Perfect Blue erscheinen. Die neueren DVDs sind dabei offenbar auch für den Regioncode 2 (Europa) freigegeben. Dies deutet daraufhin, daß man genau wie in Australien auch in Großbritannien einfach die US-DVDs veröffentlicht und auf die Multinormfähigkeiten der PAL DVD-Player vertraut.
Außerdem will man bis im Januar auch die 10. Kassette der Fist of the North Star TV-Serie veröffentlichen. Für den Februar ist dann die erste Kassette von Astroboy geplant, und im März soll schließlich auch die erste Kassette der Rayearth OVA-Serie auf den Markt kommen.
Von A.D. Vision sind auch einige weitere Titel angekündigt worden. So soll in Kürze Metal Angel Marie (die englische Synchronfassung von Boku no Marie) erscheinen. Außerdem sollen 801 T.T.S. Airbats 3rd Strike, Bubblegum Crisis 2040, City Hunter, Dirty Pair Flash 3, Nadesico, Original Dirty Pair, Sakura Wars 2, Streetfighter II V, Takegami 2 & 3, Those Who Hunt Elves und Yotoden 2 & 3 in Vorbereitung sein.
Auch MVM erregte inzwischen etwas Aufmerksamkeit, da die Firma auch einige Premieren für den britischen Markt ankündigen konnte. So darf man mit Kimagure Orange Road (OVAs und der erste Film), Oh My Goddess!, Robotech II: Sentinels, Spirit of Wonder, Urusei Yatsura (OVAs und Kinofilme) und You´re Under Arrest! (OVAs) rechnen. Diese Titel werden gemäß Firmenpolitik vermutlich wieder alle nur in englischer Synchronisation erscheinen.
Abzuwarten bleibt, was mit den Urusei Yatsura TV Episoden ab Folge 5 passiert, die es bisher nur untertitelt gibt.
Karsten
SonMay erobert Deutschland
Die nichtlizensierten Produkte der taiwanischen Firma SonMay überziehen zur Zeit offenbar massiv Deutschland. Viele Comic-Läden bieten diese CDs neuerdings in größeren Mengen zu scheinbar sensationell günstigen Preisen an.
Die FUNime bat einige Geschäfte um eine kurze Stellungnahme. Ein Inhaber unterstrich dabei, SonMay habe seinem Lieferanten versichert, im Besitz der Lizenzen zu sein. Auch von anderer Seite wurde uns bestätigt, daß der Großhändler selbst eine solche Versicherung abgab.
Der günstige Preis sei durch die niedrigeren Arbeitskosten in Taiwan zu rechtfertigen. SonMay selbst bietet seine Produkte den Endkunden für US$8 (ca. 15 DM) an. Großhändler erhalten einen ordentlichen Nachlaß, so daß die CDs hier entsprechend billiger im Einkauf liegen.
In Deutschland erhöht sich der Ladenpreis dann auf wunderbare Weise auf 49,95 DM. Da die Gewinnspanne der Händler in Deutschland nur sehr gering ist, hinter vorgehaltener Hand wird von ca. 10% gesprochen, ergibt sich eine phantastische Rendite für den Großhändler.
SonMay kann diesen niedrigen Preis jedoch nur erzielen, weil keinerlei Kosten für Lizenzen erwirtschaftet werden müssen. Mit anderen Worten:
Die Urheber werden um den Lohn ihrer Arbeit betrogen. Doch auch die Kunden und die Händler in Deutschland werden über den Tisch gezogen. Denn der Besitz und der Vertrieb von Raubkopien wird durch internationale Urheber- und Copyrightabkommen unter Strafe gestellt.
Leider ratifizierte Taiwan dieses Abkommen selbst niemals. Deshalb kann SonMay dort unbehelligt seine Presswerke betreiben. Sobald jedoch eine solche CD nach Deutschland eingeführt werden soll, verstößt sie gegen geltendes Recht. Leider passieren diese Produkte meist unbehelligt den deutschen Zoll, für den CD fast immer CD ist.
Einmal in Deutschland, ist es kaum noch möglich, die Verbreitung zu stoppen. Sowohl den Kunden als auch den Händlern ist oftmals gar nicht bewußt, daß sie mit dem Kauf keinerlei Rechte am Gegenstand erwerben.
Die illegalen Raubpressungen erkennt man in erster Linie am unverkennbaren „SM“-Aufdruck. Allerdings hegen wir auch den Verdacht, daß CDs der Firma „ever anime“ ebenfalls von zweifelhafter Herkunft sind.
Außerdem werden immer alle anderen Copyright-Hinweise restlos entfernt, oft geht SonMay mit seiner Dreistigkeit sogar soweit, diese Copyrightangaben durch seine eigenen zu ersetzen.
Offizielle Lizenzprodukte weisen sich immer damit aus, daß der Lizenzgeber deutlich auf der Kassette, der CD oder der VCD vermerkt ist.
Fehlt dies, und kann oder will der Händler selbst keine Auskunft geben: Hände weg vom Kauf!
Ron
BPjS, FSK-Freigabe, Indizierung?
Indizierung, Zensur, Verbot. Diese Begriffe geistern immer wieder diffus durch den Raum, wenn es um vermeindliche Pornographie oder Gewaltverherrlichung geht.
Wir wollen hier einige Begriffe erklären, die in diesem Zusammenhang immer wieder fallen, und über die die merkwürdigsten Vorstellungen existieren.
BPjS: Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften ist eine selbständige Bundesoberbehörde mit eigenem Haushalt. Sie ist dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zugeordnet. Die Mitglieder der Bundesprüfstelle sind nicht an Weisungen gebunden. Aufgabe der BPjS ist u.a., jugendgefährdende Medien auf Antrag von Jugendministern und -ämtern strafbewehrten Verboten zu unterwerfen, damit sie nur noch Erwachsenen, nicht aber Kindern zugänglich sind.
Die Bundesprüfstelle darf keine Schnittauflagen bei Filmen verfügen, denn dies würde dazu führen, daß Erwachsene keinen Zugang zu diesen Szenen haben. Die Entscheidung, ob eine Schrift oder ein der Schrift gleichgesetztes Medium auf die Liste jugendgefährdender Medien kommt, wird im Bundesanzeiger veröffentlicht.
Wichtig: Die Bundesprüfstelle wird niemals aus eigenem Antrieb oder aus Antrieb von Privatpersonen tätig!
FSF: Die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen ist ein gemeinnütziger Verein mit dem Ziel, den Jugendschutz im Fernsehen zu verbessern und einen bewußteren Umgang mit dem Medium zu fördern. Mitglieder sind die privaten Fernsehanbieter Deutschlands. Im Bereich der Programmprüfung begutachtet die FSF Fernsehprogramme vor ihrer Ausstrahlung und legt Sendezeiten fest. Die Begutachtung erfolgt mittels eines Regelkataloges.
Die Mitgliedssender haben sich verpflichtet, die Empfehlungen der FSF bei ihrer Programmgestaltung zu berücksichtigen.
Um es eindeutig zu sagen: Die BPjS ist nicht für Fernsehsendungen zuständig. Das Ausstrahlen von Fernsehfilmen regelt der Rundfunkstaatsvertrag.
FSK: Freiwillige Selbstkontrolle Filmwirtschaft. Sie entscheidet über die Altersfreigaben für Kinder und Jugendliche. Die Fernsehsender haben als Gegeninstitution die FSF gegründet, die Spieleindustrie die USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle).
Filme, die weniger als ein FSK 18 erhalten haben, können nicht der BPjS vorgelegt werden. Filme ohne Altersfreigabe werden wie FSK 18 Filme behandelt, über die die BPjS auf Antrag entscheiden kann.
Indizierung: Eine Indizierung bedeutet, der Film, die Schrift oder ein vergleichbares Medium wird in die Liste jugendgefährdender Medien aufgenommen. Damit sind für das Produkt gravierende Hemmnisse aufgetürmt worden. Es darf weder beworben werden, noch darf es Personen unter 18 Jahren zugänglich gemacht werden. Ein Verstoß kann mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden. Eine Indizierung ist kein Verbot. Erwachsene haben das Recht, sich ein indiziertes Produkt zu beschaffen.
Eine Teilindizierung z. B. von einzelnen Seiten einer Zeitschrift mit dem Ziel, sie herauszutrennen, um die übrige Zeitschrift weiter zu vertreiben, hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich untersagt.
Ron
Sanctuary – Visionen der Jugend
Wer will nicht alles erreichen, wenn er jung ist? In eine entscheidende Position kommt man aber erst, wenn man älter ist – in Japan mehr noch als im Westen. Wie können willensstarke Menschen trotzdem ihrem Weg folgen?
Um diesen Konflikt geht es bei der Manga-Serie Sanctuary von Ikegami Ryoichi (Zeichnungen) und Fumimura Shou (Text).
Kambodscha 1975: Die Roten Khmer haben ihren Krieg im Anschluß an den Vietnamkrieg gewonnen. Die Intelligenz des Landes wird gnadenlos exekutiert, deren Kinder werden in „Umerziehungslager“ gebracht. Dort sollen sie sterben. Doch zwei Kinder japanischer Eltern schwören sich, daß sie überleben werden.
Handelnde Personen
Hojo Akira: Er ist die Hauptperson dieses politischen Thrillers und ist zu den Yakuza gegangen, da sich dort seiner Meinung nach die schnellsten Aufstiegschancen bieten würden. Mit seinem Geschick für Intrigen manövriert er die meisten anderen Gangster aus und hilft anderen jungen Leuten, bei den Yakuza und in der Wirtschaft deren Aufstieg zu erzwingen. Gewalt ist auf seinem Weg immer eine Option, die er aber meistens zu vermeiden sucht. Er hilft Asami bei seinem politischen Werdegang und inspiriert dabei seine und dessen Umgebung. Sein Ziel ist es unter anderem, die Yakuza aus dem Zwielicht zu bringen und in die Gesellschaft zu integrieren. Deshalb stößt er bei den meisten anderen Yakuza auf Unverständnis und Ablehnung.
Asami Chiaki: Hojos Freund und Weggefährte. Auch ihn zeichnet ein eiserner Wille und die Fähigkeit der Inspiration aus. Er bildet den politischen Arm ihrer Vision und kämpft um eine Führungsrolle im politischen System. Dabei sammelt er gleichdenkende Jungpolitiker um sich und gründet die „Rising Wind Association” als neue Partei.
Tokai: Ein Yakuza der alten Schule. Am liebsten benutzt er seinen Kopf… als Rammbock. Er hat Hojo zu den Yakuza gebracht und war dort sein Ausbilder. Später stellt er sich hinter ihn und unterstützt seine Pläne, auch wenn er für sich in der neuen Welt keinen Platz sieht. Wenn ein Mann fürs Grobe gebraucht wird, ist er zur Stelle.
Generalsekretär Isaoka: Als Führer der größten Fraktion der Liberal Democratic Party ist er der Hauptgegner von Asami. In Japan regiert die LDP seit dem Ende des zweiten Weltkrieges, und es gibt keine nennenswerte Opposition von anderen Parteien. Stattdessen teilt sich die politische Macht in Fraktionen innerhalb der LDP in mehrere Blöcke auf. Isaoka hat nicht nur die meisten Anhänger, er hat auch das Amt des Parteivorsitzenden inne und kann sogar den Premierminister als „Schoßhündchen” behandeln. Er will seine Macht auf keinen Fall aufgeben und bekämpft die jungen Rebellen mit allen legalen und illegalen Mitteln. In seiner Jugend war er mit denselben Visionen wie Asami und Hojo angetreten, ein neues Japan aufzubauen. Doch nun ist ihm seine Macht und Bequemlichkeit wichtiger.
Hauptkommissarin Ishihara Kyoko: Die einzige Frau, die eine wichtigere Rolle in Sanctuary spielt. Als Polizistin kämpft sie eigentlich gegen das organisierte Verbrechen, doch verliebt sie sich in Hojo Akira. Zwischen Liebe und Pflichtbewußtsein hin- und hergerissen sieht sie den Intrigen später nur noch teilnahmslos zu.
Ichijima: Der oberste Chef aller Yakuza. Er ist ein Freund von Isaoka und hat diesen nach dem zweiten Weltkrieg bei seiner politischen Kariere unterstützt. Den Idealen seiner Jugend ist er immer noch verbunden, meistens hält er sich aber im Hintergrund. Da er in Hojo sich selbst wiederfindet, unterstützt er den jungen Mann gegen die alteingesessenen Yakuza-Fürsten.
Japan: Einige Jahre sind vergangen. Hojo Akira und Asami Chiaki konnten über Thailand fliehen und leben jetzt in Japan. Hier sind sie unterschiedliche Wege gegangen: Hojo ist ein Yakuza (organisiertes Verbrechen in Japan) geworden, und Asami strebt eine politische Karriere an. Beide stehen noch am Anfang ihres Weges und befinden sich in sehr untergeordneten Positionen.
Doch beide haben eine Vision: Die Japaner müssen endlich wieder zu eigenständigen Individuen werden und aktiver handeln. Die abgeschirmte und autoritär geleitete Gesellschaft unterdrückt ihrer Meinung nach den Überlebenskampf und raubt den Menschen ihre Ambitionen und Hoffnungen. Ein solches Japan sei den Anforderungen des neuen Weltmarktes nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion nicht mehr gewachsen und erinnere sehr an die Zustände in Kambodscha vor dem Fall.
Sie wollen ihren Weg an die Spitze forcieren und eine Gesellschaft schaffen, in der Können und nicht Alter und Verbindungen honoriert werden. Die Jugend soll eine Chance bekommen, ihre Visionen zu verwirklichen. An dieser Stelle beginnt die Geschichte.
Sanctuary besticht durch die vielen unerwarteten Wendungen und das feingearbeitete Geflecht von Intrigen. Immer wieder erscheinen unüberwindliche Hindernisse, die von Hojo und Asami mit geschickten Kunstgriffen aus dem Weg geräumt werden müssen. Der Leser weiß dabei nie, in welche Richtung sich die Geschichte weiterentwickeln wird.
Auf diese Art entwickelt Ikegami eine komplizierte und komplexe Geschichte, ohne dabei je den Faden zu verlieren. Wem solche Geschichten liegen, den erwartet ein Lesegenuß vom Feinsten. Die Zeichnungen sind dabei recht aufwendig ausgearbeitet, und Charaktere und Hintergrund bilden eine harmonische Einheit. Es fällt im Gegensatz zu vielen anderen Manga auf, daß die Menschen sehr realistisch gezeichnet sind und ohne stilistische Vereinfachungen auskommen.
Ikegami arbeitet in Sanctuary viel mit Schraffuren und Grautönen, so daß die Zeichnungen insgesamt einen etwas düsteren Charakter annehmen. Negativ fällt an der Geschichte die hohe Gewaltrate und das verachtende Frauenbild auf. Frauen dienen fast ausnahmslos als reine Gebrauchsgüter und nehmen, mit Ausnahme von Ishihara, keine tragende Funktion ein.
Ikegami nimmt auch kein Blatt vor die Feder, und vor allem Tokai zeichnet sich durch mehrere Vergewaltigungsszenen aus. Insgesamt ist Sanctuary ein lesenswerter Thriller, der in einem Sex, Crime and Violence Milieu spielt. Man sollte allerdings nicht vergessen, daß Hojo bei aller Sympathie ein Verbrecher ist, der auch über Leichen geht.
Die Geschichte spiegelt – in abgewandelter Form – die durch mehrere Skandale bekanntgewordenen Verbindungen zwischen Politik und organisiertem Verbrechen in Japan wieder. Im japanischen Original wurde der Name der Hauptpartei in Democratic Liberal Party umbenannt. Der englische Titel ist dagegen der wirkliche Titel der größten Partei Japans.
Der Verlust der Zukunftschancen und die Hoffnung der Jugend ist dabei ein brenzliges Thema, das nicht nur Japan, sondern auch Amerika und Deutschland betrifft und an Aktualität nichts eingebüßt hat. Sanctuary ist 1990 in Shogakukans „Big Comic Superior“ erschienen und wurde im japanischen in zwölf Tankoubons zusammengefaßt.
Inzwischen ist diese Serie bei Viz komplett in neun Grafik-Novellen veröffentlicht worden. Der deutsche Verlag Schreiber und Leser hat diese Serie ebenfalls in insgesamt zehn dünnen Bändchen veröffentlicht, die aber in der Druckqualität nicht mit der amerikanischen Variante mithalten können. Die zehn deutschen Bände entsprechen dabei den ersten zwei Bänden und ca. 70 Seiten (von 324) des dritten Bandes der Viz-Edition.
Ikegami Ryoichi, der eigentliche Vater der Sanctuary-Serie, ist sowohl in Deutschland als auch in Amerika bekannt für einige weitere Manga-Serien wie dem Spiderman-Manga (erschienen bei Marvel-Comics), Otoko Gumi (nur in Japan), Mai (erschienen bei Carlsen und Viz, dort als Mai the Psychic Girl) und Crying Freeman (erschienen bei Viz und Schreiber und Leser). Zu Sanctuary gibt es auch eine einteilige OVA aus dem Jahre 1995, die ebenfalls von Viz vertrieben wird.
Bernhard
Rurouni Kenshin – Tsuioku Hen
Die nach dem Ende der TV-Serie erschienene OVA-Serie befaßt sich mit Ereignissen, die zeitlich vor dem Beginn des eigentlichen Rurouni Kenshin Plots liegen. Wer in diesen OVAs aber einen „Oro!“ Kenshin erwartet, der wird bitter enttäuscht werden.
In dieser Storyline wird Kenshins Werdegang hin zum Hitokiri Battousai erzählt. Im ersten Teil erfährt man, wie Kenshin zu seinem Namen kam und wie er von seinem Meister Hiko Seijuurou (cool und Sake-trinkend wie eh und je) ausgebildet wurde. Diesen Teil hat man ja auch schon in der TV-Serie gesehen, doch hier wird der Bogen zu der Rekrutierung Kenshins als Hitokiri Battousai durch die Ishin Shishi (eine Gruppe, die gegen das Tokugawa Regime kämpfte) geschlagen.
Die erste OVA erzählt, wie er zu eben jenem legendären Schwertkämpfer wurde, die zweite wendet sich dann der Entstehung von Kenshins Narben zu. Hier tritt nun eine wichtige Person in Kenshins Leben: Tomoe. Während um die beiden Chaos und Tod wüten, findet Kenshin den Geschmack am Leben wieder, besonders aber, nachdem er mit Tomoe aufs Land fliehen muß, wo die beiden ein weniger blutiges Leben führen.
Doch seine Vergangenheit holt Kenshin ein, und das dramatische Ende kommt in OVA 4. Wer den Manga dazu lesen will, dem seien die Tankoubons 19-21 ans Herz gelegt. In den OVAs fehlt der Humor aus den Manga („Reize niemals einen Hitokiri!“), dafür aber haben Fans der Shinsen Gumi etliche Szenen mehr, in denen sie Okita und Saitoh bei ihrem „Job“ zusehen können.
Diese OVA-Serie ist sehr auf den japanischen Geschmack zugeschnitten. Außer den Shinsen Gumi tauchen hier viele bekannte und beliebte Figuren aus der japanischen Geschichte auf, die jedem Japaner ein Begriff sind, hierzulande aber kaum jemandem. Ebenfalls abschrecken wird viele die detaillierte Darstellung von Kenshins Aufträgen und Kämpfen. Hier regnet es geradezu Blut. Wen so etwas nicht schocken kann, wer auf düstere Geschichten mit einem richtig melancholischen OST steht, ist hier aber bestens bedient.
ILM
Oh! My Goddess
Fujishima Kosuke gehört derzeit zweifelsohne zu den gefragteren Mangaka in Japan. Gegenwärtig ist er für das Characterdesign verschiedener Videospiele verantwortlich und dürfte sich gerade hauptsächlich mit den neuen OVA-Folgen von Sakura Taisen beschäftigen. Seinen großen Erfolg jedoch verdankt er unter anderem einer Göttin, die sich in einen Studenten verliebt hat und deshalb bei uns auf Erden lebt…
Bereits vor über 10 Jahren, das heißt im September 1988, tauchte zum ersten Mal in der Animezeitschrift Comic Afternoon von Kodansha die Frage auf, ob ein mißglückter Anruf das ganze Leben buchstäblich über Nacht verändern kann. Durchaus, wie sicherlich die meisten von uns bereits wissen, denn wer hat schließlich noch nicht die fünfteilige OVA-Serie von Ah! My Goddess (synonym mit Oh My Goddess!) gesehen?
Im Gegensatz zum Anime ist hierzulande das dazugehörige Mangawerk, auf dem die OVA basiert, weitaus unbekannter, denn entweder konnte man sich bislang nur die japanische Originalversion zulegen, oder aber man war auf anderssprachige Versionen, wie zum Beispiel die aus Amerika oder Frankreich, angewiesen.
Nicht gerade die idealen Voraussetzungen, um in Deutschland Fuß zu fassen und an Popularität zu gewinnen. Was liegt da also näher, als eine deutschsprachige Variante zu publizieren? Genau das hat man zu guter letzt Ende September dieses Jahres im Zuge der großen Manga-Welle, die uns derzeit beschert wird, verwirklicht, zur Freude aller deutschen Fans.
Feest Comics brachte es fertig, sich die Rechte zu sichern, und man plant laut Redaktion, zumindest die ersten 10 Bände unter dem Haupttitel Oh! My Goddess zu veröffentlichen. Sollte sich die Veröffentlichung als rentabel erweisen, denkt man über die Herausgabe der restlichen Bände nach. Wenn das keine guten Neuigkeiten sind!
Die potentiellen Startschwierigkeiten, die diesem Manga hätten beschert sein können, umging Feest recht geschickt, indem der Verlag sich einer einfachen, aber effektiven Werbemasche bediente – der erste Band wurde kurz entschlossen zum Schnupperpreis angeboten. Wer kann da schon widerstehen, zumal das Titelbild recht ansprechend wirkt?
Ein zweiter prüfender Blick darauf offenbart jedoch ein nicht zu unterschätzendes Problem, mit welchem zumindest die zwei bereits erschienenen Bände zu kämpfen haben: die Qualität des Druckes. Tatsächlich weist das Cover einen Farbfehler auf (man achte hierbei besonders auf die Arme der abgebildeten Göttin Belldandy), ganz abgesehen davon, daß es insgesamt wesentlich heller geworden ist als sein Original. Beim zweiten Band hingegen fällt das Titelbild etwas zu dunkel aus.
Eigentlich nicht weiter tragisch, zugegeben, doch das Problem des schlechten Druckes setzt sich bedauerlicherweise im gesamten Manga fort und nimmt beinahe katastrophale Ausmaße an. Vor allem die dunkleren Flächen sind teilweise ziemlich grob gerastert und sehen deshalb wirklich unschön aus. Das mag dem einen oder anderen Leser im ersten Band noch gar nicht aufgefallen sein, doch spätestens seitdem die Göttin Urd ihren Auftritt in Manga Nummer 2 hat, sieht jeder sofort, was gemeint ist: Der makelose „bronzeschimmernde“ Teint dieser holden Weiblichkeit gleicht nämlich mehr einem Schweizer Käse.
Der verantwortlichen Redaktion scheint dieses Malheur ebenso aufgefallen zu sein, denn es ist nun von drucktechnischen Problemen die Rede, die die Veröffentlichung des dritten Bandes und auch die aller folgenden Bände um einen Monat nach hinten verzögern. Hoffen wir, daß Feest das Problem in den Griff bekommt. Neulinge oder all diejenigen, die an das hohe Zeichenniveau der OVA gewöhnt sind, könnten ein wenig enttäuscht sein von den etwas „veralteten“ Zeichnungen. Ihnen sei hiermit versichert, daß diese sich im Laufe der einzelnen Geschichten stark verbessern werden – etwas Geduld bitte.
Schließlich hat jeder gute Mangaka mal klein angefangen. Inhaltlich handelt es sich bei Oh! My Goddess um eine romantische Liebeskomödie, in welcher der junge Student Morisato Keiichi eher zufällig die Bekanntschaft der reizenden Göttin Belldandy macht. Sie verspricht ihm einen Wunsch, der garantiert in Erfüllung geht, was Keiichi verständlicherweise nicht so recht glauben kann. Deshalb äußert er auch mehr aus Jux, daß er sich wünschte, „immer an der Seite einer Göttin zu sein wie Belldandy eine wäre“.
Kurzum, Belldandy hat nichts als die reine Wahrheit gesagt, und aus diesem Grund lebt sie von diesem Augenblick an mit ihm unter einem Dach – es ist jedoch nicht der einzige Grund, wohlgemerkt! Eigentlich könnte das Leben des jungen Studenten nun in wundervollen ruhigen Bahnen verlaufen, wären da nicht noch Belldandys Schwestern, die heißblütige Urd und die temperamentvolle Skuld, außerdem vielerlei andere mystische Wesen, die nicht alle unbedingt freundlich gesonnen sind, und seine verwegenen Senpai (jpn.: ältere Kommilitonen), die ihn durchweg ständig auf Trab halten…
Die Übersetzung für die deutsche Manga-Version stammt von Fritz Walter und ist der französischen Variante entnommen. Im großen und ganzen zufriedenstellend, auch wenn es Meinungsverschiedenheiten vor allem darüber gibt, daß Belldandy ein wenig zu lange die wohlerzogene „Sie-Ebene“ ihrem Keiichi gegenüber verwendet.
In der Tat erscheint es sogar für eine superhöfliche Göttin wie Belldandy recht ungewöhnlich, selbst nach zwei Monaten in trauter Zweisamkeit lebend noch immer nicht auf die vertraute „Du-Ebene“ gewechselt zu haben. Nun gut, sei´s drum.
Fujishima Kosuke, der Erfinder und Zeichner von Oh! My Goddess, wurde am 7. Juli 1964 in Chiba, Japan geboren. Sein erstes großes Mangawerk in Eigenregie war Taiho Shichauzo (bei uns eher bekannt unter dem Titel You´re Under Arrest!) im Jahre 1986. Knapp zwei Jahre später folgte dann Aa Megamisama (so der japanische Originaltitel von Oh! My Goddess), von dem es inzwischen 20 Mangabände gibt. Fujishima´s derzeitige Projekte sind die neuen OVAs von Sakura Taisen und der Movie von Aa Megamisama, welcher im Frühjahr 2000 in den japanischen Kinos zu sehen sein wird.
Hae-Hyuk
Oh! My Goddess 1 – Falsch verbunden
ISBN 3-89343-412-7; 6,95 DM
Oh! My Goddess 2 – Meine große Schwester
ISBN 3-89343-413-5; 9,95 DM Oh!
My Goddess 3 – Ein echtes Wunder
ISBN 3-89343-414-3; 9,95 DM
Oh! My Goddess 4 – Schlechte Tage für Dämonen
ISBN 3-89343-415-1; 9,95 DM
(Anm.: der 5. Manga soll bereits erschienen sein…)