- Funime Nr.19
- Editorial
- Comiket – Ein Traum wurde wahr
- Shenmue, eine Offenbarung mit Fehlern
- Drakuun
- Inu-Yasha – Der Anime
- Tonari no Yamada-kun
- Ayashi no Ceres Artbook
- Shuna no Tabi
- Watashi no suki-na Hito
- Porco Rosso
Hallo,
die zweite Hauptversammlung der Anime no Tomodachi steht kurz bevor. Sie wird am 7.4. ab 10 Uhr im Bildungszentrum der deutschen Telekom in Stuttgart stattfinden. Die Teilnahme ist selbstverständlich kostenlos.
Warum sollte man zur Hauptversammlung gehen? Klarer Fall: Der Anime Marathon findet parallel statt! Nach ein paar Stündchen Hauptversammlung sich ins Anime-Treiben stürzen… Oder etwa doch nicht? Hat eine Hauptversammlung der Mitglieder der Tomodachi wirklich nur eine untergeordnete Bedeutung, daß man sie quasi im Vorbeigehen einfach mal so mitnimmt? Nein. Ganz bestimmt nicht. Die Hauptversammlung ist der ideale Platz, seinen Unmut vorzutragen, Kritik loszuwerden, aber auch Anregungen zu geben. Kurz: Den Weg der Anime no Tomodachi mitzubestimmen. Außerdem muß Euch der Vorstand Rede und Antwort stehen, muß erklären, was mit den Mitgliedsbeiträgen passiert, welche Aktionen durchgeführt wurden und welche geplant sind. Das meiste wird der aufmerksame FUNime-Leser zwar schon aus den Vereinspublikationen wissen, aber live ist doch alles ganz anders. Während man während des Anime Marathon kaum über den eigenen Verein spricht, steht auf einer Hauptversammlung dieses Thema naturgemäß an erster Stelle.
Oft wird Unzufriedenheit nur versteckt geäußert. Auf der Mitgliederversammlung ist jeder selbst schuld, wenn man nicht den Mund aufmacht und selbst versucht, eigene Ideen einzubringen. Klar, kritisieren ist immer einfacher, als selbst Lösungsansätze anzubieten. Auf unserer Tagung kann man nun beides, Kritik äußern und Vorschläge unterbreiten, wie es anders und besser gemacht werden kann. Natürlich kann man auch hier in einem größeren Rahmen aktuelle Dinge diskutieren, die das Fandom aufwühlen: RTL II setzt eine WMT-Serie einfach so ab und in Newsgruppen setzen Abmahnungen wegen falscher Tatsachenbehauptungen und möglichem Rufmord die Internet-Gemeinde in helle Aufregung.
Doch bis zum Marathon ist noch etwas Zeit, vielleicht verkürzt die Lektüre der FUNime sie Euch ein wenig? Viel Spaß!
Comiket – Ein Traum wurde wahr
Autor: Fritjof
Artikel erschienen in: FUNime Nr. 19, Seite 8, Februar 2000
(Die Online-Fassung dieses Artikels muß leider ohne die 11 Bilder auskommen, die es in der Print-Fassung der FUNime gab)
Wenn in Anime-Kreisen der Begriff „Comiket“ fällt, bekommen viele Leute leuchtende Augen. Für Cosplay-Fans ist die Comiket das Maß aller Dinge.
Doch kaum jemand außerhalb von Japan weiß, was die Comiket wirklich ist, darüber gibt es die wildesten Gerüchte und Spekulationen.
Was also ist diese Wahnsinnsmesse mit dem Namen „Comiket“?
Auf der Comiket sind neben Verlags- und Firmenständen mehr als 20.000 Doujinshi-Zirkel vertreten, die dort ihre neuen Werke den Fans zeigen bzw. diesen verkaufen wollen. Das Hauptziel dieser Messe ist der Kontakt zwischen Machern und Fans, aus diesem Grund ist der Besuch der Messe kostenlos. Der gigantische Doujinshi-Bereich wirkt wie eine Art Flohmarkt. Ein weiteres Highlight der Messe ist die Cosplayterrasse, auf der über die Tage verteilt tausende Cosplayer in unglaublichen Kostümen herumlaufen und für Fotos posieren. Es gibt auf der Comiket keine Filmvorführungen, Händlertische (von Animeläden) oder ein Rahmenprogramm, so wie wir das von deutschen Messen und Conventions kennen. Die Veranstaltung findet zweimal im Jahr in „Tokyo Big Sight“ statt, einmal im August und einmal im Dezember.
Wie komme ich dort hin?
Falls man zu dieser Zeit in Tokyo verweilt, mit der Yamanote Line (JR) nach Shimbashi fahren, dort in die Yurikamome Monorail Bahn umsteigen und bis zur vorletzten Station fahren (dort sieht man das „Tokyo Big Sight“ Gebäude). Um unnötige Wartezeiten bei der „Abreise“ vom Gelände zu vermeiden, sollte man sich sofort eine Fahrkarte für die Rückfahrt am Automaten kaufen. Die Fahrt dauert ungefähr 30 Minuten und die Bahn fährt „nur“ alle 5 bis 10 Minuten.
Wann sollte ich da sein?
Die normalen Besucher werden ab 10:30 Uhr reingelassen. Es empfiehlt sich, um nicht zu lange warten zu müssen, spätestens gegen 9:30 Uhr oder so am Gelände zu sein, die ersten warten dort schon seit 8 Uhr oder früher. Warten muß man sowieso, also zieht Euch besser warm an, unter 90 Minuten Wartezeit läuft da gar nix. Für westliche Besucher ist es relativ egal wann sie eintrudeln, man wird eh von der Größe der Messe total überwältigt und findet zu Beginn sowieso nichts.
Warum haben manche Leute Karten?
Mitglieder der Doujinshi-Zirkel haben Karten, die zum vorzeitigen Einlaß berechtigen. An diese Karten kann der normale Besucher nicht gelangen.
Wie geht es nach der Ankunft (an der Haltestelle) weiter?
Die Menschenmassen werden von Ordnern und Absperrungen zu Wartepositionen geleitet und dort in „handlichen“ Blöcken von je ein paar tausend Leuten „geparkt“. Ein Ordner (!!!) steht vorne und paßt auf. Ihr braucht keine Angst zu haben, daß ihr länger warten müßt als andere, egal wo man Euch zum Warten hinleitet. Alles ist so perfekt durchorganisiert, daß die Wartezeit fair ist und die „Blöcke“ so zum Messeeingang dirigiert werden, wie die Leute zeitlich am Gelände eingetroffen sind. Wartezeiten von 60-90 Minuten sind aber völlig normal.
Wo kriege ich den Katalog, und brauche ich den?
Den Katalog gibt es an einem Stand am Eingang. Sobald der Helfer mit seinem Block losgeht und man den Eingang erreicht, kann man sich wieder „frei“ bewegen und einen dieser Kataloge zum Preis von 1.800 Yen erwerben. Es empfiehlt sich diesen zu kaufen, vorne stehen ein paar grundsätzliche Regeln drin und das 1000 Seiten starke Buch enthält Hallenpläne und Auflistungen bzw. Abbildungen sämtlicher Doujinshi-Zirkel und Verlags-/Firmenstände bzw. von den Werken dieser. Nach vielen Stunden auf der Messe ist es sogar möglich sich damit zurechtzufinden…
Darf ich in den Hallen filmen oder Fotos machen?
Grundsätzlich nein, aber man kann fragen, und dann vielleicht.
Kann ich auf der Comiket in meinem Cosplaykostüm rumlaufen?
Ja, aber in ZIVIL in die Messe gehen. Zum Umkleideraum in Halle West 3 gehen, sich umziehen und registrieren lassen. Das ganze kostet 600 Yen und man muß einiges an Papier unterschreiben. Ich bin dort nicht im Kostüm rumgerannt, weil ich zu spät erfahren habe wie es funktioniert und dann war mir die Wartezeit zur Anmeldung zu lang.
Darf ich Fotos von Cosplayern machen?
Ja, aber NUR auf der Cosplayterrasse, sonst droht Rausschmiß von der Messe (die fackeln nicht lange). Als normaler Besucher darf man Fotos für private nichtkommerzielle Zwecke machen, diese dürfen NICHT in Printmedien erscheinen, Webseiten sind da noch eine Grauzone. Man darf nur Cosplayer knipsen, die man vorher um ein Foto gebeten hat oder die vor einem Schwarm Fotografen bereitwillig posieren (das gilt als Einverständnis). Für (kommerzielle) Bilder in (Print-)Medien muß man offiziell akkreditiert sein (und mit einer Mega-auffälligen Armbinde rumrennen). Keine Sorge, die Bilder in der FUNime sind rechtlich abgesichert.
Sind die Kostüme der Cosplayer wirklich so toll wie man es im Web immer sieht oder sind das Ausnahmen?
Natürlich gibt es perfekte, gute und weniger gute Kostüme, das ist auf der Comiket so wie auf allen anderen Conventions auch. Allerdings gibt es verdammt viele perfekte Kostüme und die Cosplayer wissen, wie man sich perfekt für ein Foto in Szene setzt. Japanische Cosplayer sind eh eine Klasse für sich, besonders die Cosplayerinnen verursachen oft reihenweise „Zuckerschocks“. Aber Vorsicht, es gibt auch Kostüme, die andere „Schocks“ verursachen, etliche japanische Cosplayer lieben deutsche Uniformen, besonders die aus einer gewissen Zeit.
Kann man die Comiket mit einer Convention oder Messe in Deutschland oder Europa vergleichen?
Nein, kann man nicht, die Messe ist völlig anders und um ein Vielfaches größer als alles in Deutschland und Umgebung bisher dagewesene. Die Besucherzahlen sprechen für sich: mehr als 300.000 Fans in zwei Tagen!
Wie war das Wetter?
Das Wetter war an beiden (Dezember-)Tagen recht gut, sonnig und zeitweilig um die 10 Grad, aber sehr windig. Einige der Cosplayerinnen froren heftigst, kein Wunder bei ihren knappen Kostümchen, manch eine verdankte ihr „Überleben“ dem Heißgetränkestand.
Fazit Es war ein beeindruckendes Erlebnis, zwei Tage dort verbracht zu haben. Ein Traum wurde wahr, so richtig begriffen, daß ich tatsächlich dort war, habe ich es erst, als ich einigen der aus dem Web bekannten Cosplayerinnen gegenüberstand und diese um Fotos bat.
Die Comiket kann man nicht beschreiben, das muß man erleben, selbst Bilder und Film können nur ansatzweise wiedergeben, was da wirklich los ist.
Shenmue, eine Offenbarung mit Fehlern
Es gibt Videospiele, die lassen sich nicht in ein Genre einordnen – wie Shenmue. Allerdings geht man hier noch einen Schritt weiter, es heißt, Shenmue habe ein neues Genre geschaffen: „FREE“
Nun ja, es klingt schon etwas großspurig, was Sega da verlauten läßt, allerdings kann man Shenmue schwer in eins der geläufigen Genres zwängen. Full Reactive Entertainment Eyes, was FREE ausgesprochen bedeutet, beschreibt das Ganze noch am besten. Das bedeutet, daß die Welt unter Eurem direkten Einfluß steht. Alles, was Ihr seht, könnt Ihr auch irgendwie beeinflussen, also zum Beispiel alle Schubladen öffnen oder am Hausschrein beten. Aber das herausragende Feature ist die korrekte Wiedergabe von Zeiteinflüssen. Dies beinhaltet, daß das gesamte Spiel einer naturgetreuen Zeitlinie unterliegt. Im Winter schneit es, im Frühling blühen die Bäume, im Sommer erfrischt man sich mit einem Eis und im Herbst leidet Ihr unter dem naßkalten Wetter. Die telefonische Wettervorhersage sagt Euch sogar das Wetter des kommenden Tages an.
Dargestellt wird das Ganze mit einer furiosen Grafik, die ihresgleichen sucht. Sie zeichnet sich besonders durch den in Echtzeit berechneten Schattenwurf, die enormen Sichtweiten und der detaillierten Darstellung von Mimik und Gestik aus. Man kann selbst Falten und Hautverunreinigungen erkennen. So ist der Wiedererkennungswert von Spielfiguren schon aus größerer Entfernung enorm. Hier ist aber auch einer der größten Schwachpunkte der Engine, sofern man bei so einem Spiel überhaupt von Schwachpunkten reden kann. So ist das scheinbar magische Auftauchen von Personen die Regel. Die Zwischensequenzen sind komplett in Spielgrafik gehalten, können sich aber durchaus mit Rendervideos anderer namhafter Spiele messen.
Würde man die Lokalisierung Shenmues mit der eines Animes vergleichen, dann wären Vor- und Abspann auf Deutsch, der Rest jedoch auf Englisch. So ist die Menuführung komplett eingedeutscht, der Titel selbst aber ist vollkommen in Englisch. Soll heißen: „Wer mit Englisch auf Kriegsfuß steht, dem sei vom Kauf abgeraten“. Normales Schulenglisch dürfte allerdings ausreichen, um der Story zu folgen. Zum leichteren Verständnis sind wahlweise auch zusätzlich englische Untertitel aktivierbar. Dialoge erklingen meist lippensynchron und SUZUKI Yu selbst befand die englische Synchro für besser als die Japanische, was bei einem Perfektionisten wie ihm schon was heißen will. Die Soundkulisse ist mitunter eine der realistischsten, die auf dem Videospielmarkt zu finden ist. Beispielsweise geben Stein, Gras, Schnee, Sand etc. jeweils verschiedene Geräusche von sich, wenn man auf sie tritt. Die Musikstücke sind durchweg stimmungsvoll und reagieren dynamisch auf die Spielsituation, wobei sie sie kunstvoll unterstreichen.
Aber was bringt das alles, wenn man nicht eine feinfühlige Steuerung hat? Leider kann man Ryo nicht gerade präzise lenken. Nach ca. fünf Minuten hat man sich zwar daran gewöhnt, feinfühliger wird sie dadurch aber auch nicht.
Leider wird das „Vibration – Pack“ nicht unterstützt und die Savegames, von denen drei 80 Blöcke fassen, sind in den verschiedenen Anzeigemodi nicht kompatibel (50Hz und 60Hz).
Speichern könnt Ihr jederzeit, aber leider nur in Ryos Zimmer. Es gibt aber noch eine Option, die es erlaubt das Spiel zu unterbrechen und beim nächsten Start an dieser Stelle fortzusetzen.
Wer die DIE HARD-Serie kennt, dem dürften die QTE-Sequenzen bekannt vorkommen, denn ausgesprochen heißt das nichts anderes als Quick-Timer-Event. Auf Deutsch heißt das nichts anderes, als daß man eine vorgegebene Szene sieht, in der das Symbol einer Taste erscheint, die man dann schnellstmöglichst drücken sollte. Dadurch fängt man beispielsweise Bälle, weicht Motorrädern und Stahlträgern aus oder entreißt einem Dealer sein Messer. Die QTE könnt Ihr übrigens beliebig oft wiederholen.
Die freien Kämpfe sind da schon anspruchsvoller, Virtua Fighter ähnlich kämpft man hier gegen mehrere Gegner. Mit etwas Glück steht Euch auch ein Kollege im Kampf bei.
Von der Story sollte man möglichst wenig verraten, da ich den Spannungsbogen dadurch zerstören würde. Zum Abschluß nur soviel: Als Ryo eines kalten Tages im Dezember nach Hause kommt, parkt eine Limousine vor der Tür und sein Vater wird von irgendwelchen zwielichtigen Typen in schwarzen Anzügen behelligt. Nach einem ungleichen Kampf des chinesischen Anführers mit Ryos Vater ziehen sie mit einem mysteriösen Spiegel ab.
Der Durst nach Rache treibt Ryo wenig später auf die Suche nach den Mördern seines Vaters und diesen geheimnisvollen Spiegel.
Fazit: SUZUKI Yu’s Shenmue ist trotz mangelnder Lokalisierung ein absoluter Pflichtkauf für jeden Dreamcastzocker. Es ist ein audiovisuelles Feuerwerk mit einer packenden Story, die Lust auf mehr macht. Und dies ist auch garantiert, schließlich ist das nur der erste von vier Teilen.
Shenmue vermittelt einem stets das Gefühl, mitten in der Story zu sein und man kann es auch super spielen, ohne sie allzu schnell weiter zu verfolgen, was durch die ganzen „Ingame-Spiele“ irrsinnigen Spaß macht. Dadurch läßt sich das Finale um einiges hinauszögern. Zum Glück, denn bis zum Erscheinen des zweiten Teils wird wohl noch etwas Zeit ins Land gehen.
Frank
Shenmue
System: Dreamcast
Entwickler: Sega/AM2
Genre: Free (Action-Adventure)
Save auf VM: 80 Blöcke = 3 Savegames
Anzahl Spieler: 1
VGA-Box: ja
Internet: Tauschbörse, Lösungen
Preis: ca. 120 DM
Drakuun
Der Start der neuen Manga-Serie Drakuun wurde seit Frühjahr 2000 immer wieder verschoben. Jetzt liegt endlich der erste Band des neuen Manga-Verlags Tsunami Comics auf deutsch vor. Kann er die Erwartungen der Manga-Fans erfüllen?
Irgendwann in einer kleinen Fantasy-Welt: Die Allianz unter der Führung des Königreichs Ledomiam ist durch den Kampf mit dem Romunilianischen Reich so geschwächt, daß nur noch ein „Friedensvertrag“ (eigentlich eine bedingungslose Unterwerfung) den Untergang verhindern kann. Doch die Kriegerprinzessin Karula, Schwester der Ledomiamischen Herrscherin Rosalia, nutzt die Vertragsunterzeichnung um ein Attentat auf den Romunilianischen Imperator Gustav zu begehen. Als Gustav aus Rache Ledomiam zu zerstören droht, flieht Karula, verfolgt von Gustavs Vasallen. Wird ihr Dard, Wolfsmensch und Kommandant der königlichen Grenzwache, helfen? Und warum hat General Kurgh, engster Vertrauter von Gustav, ein besonderes Interesse an Karula?
Die Story von Drakuun (von MANABE Johji) ist komplexer, als es auf den ersten Blick scheint – vorausgesetzt, man läßt sich nicht von den super-kawaii gezeichneten Figuren ablenken, was zugegebenermaßen nicht ganz einfach ist. Manabe bedient sich in Drakuun ganz ungeniert vieler Klischees aus klassischen Heldensagen, aber er tut es immer mit einem Augenzwinkern: Die „Heldin“ Karula schießt im Eifer des Gefechts schon mal über das Ziel hinaus und erreicht dann mit einem Maximum an Aufwand ein Minimum an Erfolg, nicht selten auf Kosten ihrer Verbündeten und Kampfgefährten. Wenn sie ein konkretes Ziel vor Augen hat, sollte jeder, egal ob Freund oder Feind, rechtzeitig in Deckung gehen…
Karula und ihre Schwester Rosalia sind übrigens (im Gegensatz zu „klassischen“ Prinzessinnen) nicht gerade prüde: während Karula einem erotischen Abenteuer nicht grundsätzlich abgeneigt ist – vor allem nach dem Genuß von viel Wein – beweist die unerfahrenere Rosalia am Ende des Bandes, daß sie den Erzählungen ihrer Schwester sehr gut zugehört hat.
Im Manga kommen zahlreiche Anspielungen und Parodien vor. Ist es wirklich nur Zufall, daß die Handlung manchmal sehr an Star Wars erinnert und der Imperator Gustav gewisse Ähnlichkeiten mit Jabba the Hutt hat? Das Volk der Nosjir, Verbündete der Allianz, sollte man sich mal genauer ansehen: ganze Armeen von kleinen Tamagotchi-Eiern mit weißen Stirnbändern, die sich von ihrem General nichtssagendes heldenhaftes Geschwafel über Volk und Vaterland anhören müssen, bevor sie für ihre letzte Mission auf fliegende Bomben geschnallt werden…
Die deutsche Drakuun-Version hält sich eng an die US-Ausgabe. Das amerikanische Alben-Format und die gespiegelte Leserichtung wurden komplett übernommen. Leider erreicht die Druckqualität nicht den amerikanischen Standard: Wo in der US-Fassung einheitliche schwarze Flächen zu sehen sind, hat die deutsche Fassung ein Gitterraster aus feinen Punkten, das den gesamten Druck dunkelgrau statt schwarz erscheinen läßt. Im Vergleich dazu wirken die tiefschwarzen Buchstaben der deutschen Texte etwas fehl am Platz. Die Übersetzung aus dem Englischen ist dagegen sehr gut gelungen.
Insgesamt ist die deutsche Drakuun-Ausgabe eine gute Alternative zur wesentlich teureren US-Fassung, auch wenn deren Druckqualität nicht ganz erreicht wird. Trotzdem hinterläßt sie einen negativen Beigeschmack: In einer Zeit, in der sogar Feest ungespiegelte Serien herausbringt und Planet Manga mit Kamikaze die erste wirklich perfekte Kopie einer Mangaserie angekündigt hat, kann man das Zurückgreifen auf US-Vorlagen wohl als Rückschritt ansehen. Tsunami Comics hat vermutlich noch nicht erkannt, was das Besondere an Mangas ausmacht. Es bleibt abzuwarten, wie die zunehmend kritischer werdenden deutschen Manga-Fans darauf reagieren werden.
Marcus T.
Drakuun Band 1: Aufstieg der Drachenprinzessin
Mangaka: MANABE Johji
Verlag: Tsunami Comics
Umfang: 216 Seiten, durchgehend schwarz-weiß
Größe: 16,8 x 26,0 cm
Übersetzung aus dem Amerikanischen
Gespiegelte Leserichtung
Preis: 20,- DM
Inu-Yasha – Der Anime
Wie schon Mitte letzten Jahres angekündigt, lief im Oktober die Fernsehserie zu TAKAHASHI Rumikos aktuellem Manga Inu-Yasha an. Nachdem nun einige Folgen ins Land gegangen sind, ist es Zeit für eine genauere Betrachtung.
Was die Handlung angeht, so gibt es, zu Anfang jedenfalls, nicht viele Überraschungen: Man hält sich eng an die Vorlage, es werde nur einige Dinge ausführlicher behandelt als im Manga, andere dafür kürzer. Was aber nach einigen Folgen sehr deutlich auffällt: Inu-Yasha ist insgesamt wesentlich kompakter als man es von Fernsehserien, erst recht von Umsetzungen eines Takahashi-Mangas, gewohnt ist. Damit meine ich folgendes: Die Fernsehserie hat nach acht Folgen schon die Handlung von mehr als zwei Tankoubon abgehandelt, während man z.B. bei der Animefassung von Maison Ikkoku aus 15 Tankoubon knapp 100 Fernsehfolgen fabrizierte, also fast doppelt so viele Folgen pro Mangaband! Dies ist offensichtlich ein Aspekt des schon seit einiger Zeit andauernden Trends zu kürzeren Fernsehserien: Früher betrug die absolute Mindestlänge einer Anime-Fernsehserie 26 Folgen, inzwischen gibt es immer mehr Serien mit nur 13 Folgen, denn eine kürzere Serie bedeutet für das Produktionsstudio ein geringeres finanzielles Risiko im Falle eines Flops. Bei Inu-Yasha äußert sich dies in einem auch beim Ansehen spürbar höheren Tempo der Geschichte: Ruhige Momente gibt es selten, und die sonst so berüchtigten zeitschindenden Füllepisoden, in denen unbedeutende Nebenhandlungen langwierig ausgewälzt werden, überhaupt nicht. Ersteres bedeutet aber nicht, daß der Anime hektisch oder oberflächlich wäre, und letzteres fällt (mir zumindest) ausgesprochen positiv auf.
Etwas, das nur bei genauerem Hinsehen auffällt: Die im Manga nicht gerade seltenen Gewaltszenen wurden etwas entschärft. Als z.B. der von einem Krähendämon gesteuerte Banditenführer aus Ungeschicklichkeit seine eigenen Leute tötet, ist die „Kameraperspektive“ so gewählt, daß Blut und rollende Köpfe nicht direkt zu sehen sind – vermutlich eine Reaktion auf die in jüngster Zeit stark zunehmende Zahl an jugendlichen Gewalttätern in Japan, die eine lebhafte Diskusssion über die Rolle der Medien in dieser Entwicklung hervorgerufen hat. Kennen wir das nicht irgendwo her?
Und noch etwas ist unübersehbar: Der Einsatz von Computergrafik zur Unterstützung traditionell gezeichneter Animation ist alltäglich geworden, und man beherrscht dieses Werkzeug inzwischen gut genug, um es auch unauffällig einsetzen zu können. In Inu-Yasha, so wie auch in anderen aktuellen Serien, wird die Computergrafik hauptsächlich für Dinge wie Lensflares (Reflexion des Sonnenlichts im Kameraobjektiv, die im Bild helle, sternförmige Strahlen und Flecken erzeugt) und Bewegungsunschärfe verwendet, die wenig Arbeitsaufwand erfordern. Die Animation an sich ist hingegen eher durchschnittlich. Zu Anfang gab es zwar einige durchaus spektakuläre Kampfszenen, doch nach einigen Folgen scheinen mir diese verschwunden zu sein, wohl aus Budgetgründen. So bewegt sich die Animation nur auf leicht überdurchschnittlichem Fernsehniveau, wobei es aber zumindest keine Ausreißer nach unten gibt. Die Charakterdesigns von Inu-Yasha weichen etwas von den traditionellen Takahashi-Designs ab, sind weniger rund, doch die Unterschiede sind (wie Ihr selbst sehen könnt) wirklich nicht groß.
Eine durchgehend gute Leistung bieten die Synchronsprecher, allen voran natürlich YAMAGUCHI Kappei, der auch den männlichen Ranma spricht: Seine rauhe Stimme bringt den aufbrausenden Charakter des Hundedämons ausgezeichnet zur Geltung. Kagome wird von YUKINO Satsuki (u.a. Sylia in Bubblegum Crisis 2040) gesprochen, die ebenfalls keine Schwächen zeigt. Die musikalische Untermalung des Anime ist gelungen. Vor- und Abspannmusik stammen von Popbands („V6“, bzw. „dream“) und sind eher Durchschnittsware.
Alles in allem ist die Inu-Yasha Fernsehserie eine gelungene, weitgehend originalgetreue Umsetzung des Manga, die auch die eher düstere Atmosphäre der Vorlage recht gut herüberbringt; wer keine überzogenen Erwartungen hat, dürfte nicht enttäuscht werden.
Abschließend sollte man vielleicht noch eine interessante Entwicklung erwähnen, die durch diesen Anime erstmals deutlich sichtbar wurde: Das Internet ist dabei, auch die Fansub-Szene zu revolutionieren. So standen die einzelnen Folgen der Serie teilweise binnen zwei Wochen nach ihrer erstmaligen Ausstrahlung in Japan schon fertig untertitelt zum Download bereit. Für Normalsterbliche mit ISDN oder gar Analogmodem natürlich nicht wirklich nutzbar, aber es reicht ja, wenn der Freund eines Freundes einen schnellen Zugang und einen CD-Brenner hat. Hier liegt zweifelsohne die Zukunft.
Michael B.
Inu-Yasha
TV-Serie, ©2000, Sunrise, Yomiuri TV, Nihon TV
Produktion: TOMIOKA Hideyuki, IWATA Mikihiro
Regie: IKEDA Masashi
Charakterdesign: HISHINUMA Yoshihito
Künstlerische Leitung: IKEDA Shigemi
Schnitt: TSURUBUCHI Tomoaki
Vertonung: TSURUOKA Youta
Tonari no Yamada-kun
Stellt Euch vor, der neueste Ghibli-Film kommt auf DVD raus und keiner nimmt Notiz…
So könnte man überspitzt die Situation beschreiben, die sich nach dem Erscheinen von Tonari no Yamada-kun (Meine Nachbarn, die Yamadas) auf DVD darstellte. Obwohl mit englischen Untertiteln versehen, fanden sich nur wenige Fans, die diesen Film importierten.
Der Grund ist schnell gefunden und wird schon beim Blick auf das Cover, spätestens aber nach den ersten Sekunden des Filmes klar: Tonari no Yamada-kun unterscheidet sich optisch deutlich von allen anderen Studio Ghibli-Filmen. Nichts ist zu sehen von dem schon sprichwörtlichen ghibliesken Characterdesign, denn der Film basiert auf den 4-Panel Mangas von ISHII Hisaichi, die ähnlich der Comicstrips in unseren Zeitungen in der japanischen Tageszeitung Asahi Shinbun abgedruckt werden.
Wie in den Strips wird auch in dem Film, unter der Regie von TAKAHATA Isao, in relativ kurzen Szenen das Zusammenleben der Familie Yamada beschrieben und satirisch auf besonders japanische Lebensgewohnheiten und Umstände angespielt.
Niemand sollte nun aber von dem einfachen Characterdesign auf die Qualität der Story oder der Animation schließen, denn das wäre ein großer Fehler. Yamada-kun gehört mit zu den interessantesten und wohl auch lustigsten Filmen, die letztes Jahr auf DVD rauskamen und getreu des Mottos in den Trailern „koko wa nihon“ (Das ist Japan), werden bewußt japanische Verhaltensweisen und Traditionen, aber auch allgemein typisch menschliche Verhaltensweisen aufs Korn genommen. Egal, ob beim Telefon(!)-Gespräch mit dem Chef sich nicht nur der Vater, sondern im Hintergrund auch die ganze Familie verbeugt, der Vater vergeblich versucht, seinem Sohn die wichtigsten Benimmregeln beim Umgang mit Eßstäbchen beizubringen, oder einfach nur die Situtationskomik, die aus dem Satz „Ich brauche doch keinen Einkaufszettel“ entsteht, beschrieben wird, es vergeht kaum eine Sekunde in der man nicht zumindest schmunzeln muß.
Gleichzeitig wird aber eindrucksvoll auch die Bedeutung des Familienlebens für jedes einzelne Mitglied dieser Familie dargestellt. Einfache, aber in ihrer Wirkung doch ergreifende Szenen, die einen zum Nachdenken anregen; wie überhaupt der ganze Film genügend Gesprächsstoff für Diskussionen hergibt.
Dadurch, daß der Film aus einer Aneinanderreihung von einzelnen, kurzen Szenen besteht, kommen niemals Längen auf. Allerdings sind einige Szenen für uns Europäer nur schwer verständlich, da sie z.B. auf japanischen Erzählungen oder Redewendungen basieren, oder ihre Komik auf die Verwendung des – auf Durchschnittsjapaner wohl erheiternd wirkenden – Kansei-Dialektes zurückzuführen ist. Ein schönes Beispiel ist die Anfangsszene, in der die Eltern zuerst den Sohn innerhalb eines riesigen Pfirsichs, der im Fluß treibt, finden und später der Vater die Tochter beim Bambusschneiden innerhalb eines Bambusstammes. Beides Referenzen an in Japan sehr bekannte Erzählungen: Momotaro (Pfirsichjunge) und Kaguya Hime (Mondprinzessin), deren Inhalt man unter den am Ende dieses Artikels angegebenen Links zumindest teilweise nachlesen kann.
Technisch ist die DVD sehr gut gelungen. Das Bild ist gestochen scharf und ruhig, der Ton liegt sowohl als Dolby 5.1 als auch als DTS 5.1 vor und man kann zwischen englischen, französischen und japanischen Untertiteln auswählen. Als besonderes Extra gibt es zu jeder Szene des Films das dazugehörige Storyboard und bei etlichen Szenen auch die zu Grunde liegende Mangaszene, so daß man komfortabel Manga, Storyboard und fertige Szene miteinander vergleichen kann. Ebenfalls auf der DVD befindet sich ein kurzer Film, der zum Testen der Animationsqualität genutzt wurde und der einfach durch das Abfilmen der handgezeichneten Entwurfsskizzen entstand. Mit solchen Filmen wird die Flüssigkeit der Animation getestet, bevor es zu den arbeitsintensiven Schritten wie Cleanup und Coloration geht, die in diesem Fall wohl zum ersten Mal in der Geschichte Ghiblis ausschließlich am Computer stattfanden. Zumindest die Farbgebung entstand vollständig am Computer, da die verwendeten Wasserfarben-Effekte mit herkömmlicher Cel-Technik leider nicht machbar waren. Weitere Extras sind Werbetrailer, Vorschauen auf die kommenden Ghibli DVD-Erscheinungen, sowie als Beilage ein 24seitiger Manga, in dem die Charaktere vorgestellt werden, Witze über das zeitgleiche Erscheinen von Yamada-kun und The Phantom Menace in den Kinos gemacht werden, sowie eine Schlußszene, die den Mangaerfinder dabei zeigt, wie er 150 DVDs von Yamada-kun kauft, obwohl er keinen DVD-Player besitzt.
Fazit: Leider lassen selbst langjährige Animefans sehr schnell einen Anime links liegen, wenn ihnen das Characterdesign nicht zusagt. Ein Schicksal, das schon die auf SuperRTL ausgestrahlte Animeserie Chibi Maruko Chan teilen mußte. Gerade als Animefan sollte man über seinen eigenen Schatten springen und einen Film oder eine Serie zumindest mal anschauen, auch wenn einem das Characterdesign auf den ersten Blick nicht zusagt.
Ich gehe davon aus, daß dieser Film auch auf dem Anime Marathon zu sehen sein wird, und wer die Chance hat, sollte ihn sich dort auch ansehen. Eventuell entwickelt sich die schräge japanische Version von Que sera ja zum heimlichen Karaoke-Hit des AM2001, oder die neue Kampfsportart „Fernbedienungsstrahl mit Zeitung abblocken“ wird in einem Workshop vorgestellt…
Michael U.
Tonari no Yamada-kun
Bestellnummer: VWDZ-8030
Ländercode: 2 (NTSC)
Länge: 104 Minuten
Sprache: Japanisch
Untertitel: Englisch, Französisch, Japanisch
Preis: ¥4.700 (ca. 82 DM)
Ayashi no Ceres Artbook
Mittlerweile ist der Name WATASE Yuu sicher vielen ein Begriff. Im Westen ist sie vor allem durch Fushigi Yuugi bekannt geworden. Das Artbook, das ich hier vorstellen möchte, widmet sich einer weiteren Manga-Reihe, die auch hierzulande immer bekannter und beliebter wird: Ayashi no Ceres.
Das Softcover-Buch im ca. DIN-A4-Format umfaßt 119 Seiten. Der erste, farbige Teil bietet ein doppelseitiges ausklappbares Poster und auf 88 Seiten zum Teil ganz- und doppelseitige Illustrationen. Die Protagonisten wie z.B. Aya (bzw. Ceres), Aki, Tooya und Yuuhi stehen in diesem Buch zwar ganz klar im Vordergrund (besonders häufig findet man Aya-Tooya-Yuuhi-Konstellationen), jedoch fällt es besonders positiv auf, daß jeder Charakter aus der Serie irgendwo – und wenn er nur auf irgendeinem Bild im Hintergrund erscheint – wiederzufinden ist. Ok, Personen wie Ayas Großvater beispielsweise hat WATASE Yuu nicht weiter verewigt, aber wer vermißt den alten Fiesling schon. Die Bilder sind wunderschön gezeichnet und es macht Spaß zuzusehen, wie geschickt die Zeichnerin das Zusammenspiel von Farben einsetzt.
Der zweite, schwarz-weiße Teil beginnt mit einem Schaubild, das die Beziehungen der einzelnen Personen untereinander darstellt. Die nächsten zehn Seiten bieten Charakterbeschreibungen, die mit jeder Menge Abbildungen aus den Manga unterstrichen werden. Bei den folgenden Seiten muß ich mangels ausreichender Japanischkenntnisse leider raten, um was es sich genau handelt: Zunächst wird anhand einer Japankarte aufgezeigt, wo was während der Handlung passiert. Außerdem folgt eine Art Zusammenfassung der Geschichte. Ob hier die Handlung nacherzählt wird, oder ob es sich um Erläuterungen zu bestimmten Geschehnissen handelt, konnte ich bisher nicht herausfinden. Die letzten Seiten widmen sich voll und ganz der Erschafferin dieses Werkes. Neben viel Text (der mir bisher auch verborgen blieb) sind mehrere Fotos von WATASE Yuu abgebildet.
Zu dem oben genannten Poster möchte ich noch anmerken, daß ich mich bisher nicht getraut habe, es herauszunehmen. Für mich sieht es so aus, als würde ich dann die Hälfte der anderen Seiten mit herausreißen.
Alles in allem ist dies eines der schönsten Artbooks, die ich kenne und ein Muß für jeden Ayashi no Ceres-Fan. Doch auch für alle anderen – vorausgesetzt man mag romantische Bilder – lohnt sich ein Blick.
Cathrin
Ayashi no Ceres Artbook
Umfang: 119 Seiten, davon 88 in Farbe
ISBN: 4-09-199703-1
Preis: ¥2.300 (ca. 44 DM)
Importpreis: ca. 75-80 DM
Shuna no Tabi
Kaum einer, der diesen Band sieht, wird ihn nicht zuerst für einen Ableger von MIYAZAKI Hayao’s Epos Kaze no Tani no Nausicaä halten.
Zu ähnlich sind die Charakterdesigns und der Zeichenstil, ja ganze Szenen und Settings kommen einem bekannt vor. Doch auch viele Elemente aus dem Megaerfolg Mononoke Hime erkennt man wieder.
Des Rätsels Lösung offenbart sich dem des Japanischen Kundigen im Nachwort: Bei dem 1983 erschienenen Shuna no Tabi (Shuna’s Reise) handelt es sich um eine Adaption eines tibetanischen Märchens namens Der Prinz, der zu einem Hund wurde. Miyazaki hatte diese Geschichte etwa 10 Jahre zuvor gelesen und war davon fasziniert. Eine animierte Fassung davon zu erstellen war seitdem sein Traum. Doch da er in der japanischen Animeindustrie keine Chance dafür sah, eine so einfache Geschichte umzusetzen, entstand stattdessen dieses kleine Juwel.
Der 150 Seiten dicke Band ist nicht leicht einzuordnen; es handelt sich um eine Mischung aus Manga, Kinderbuch und illustrierter Kurzgeschichte. Dominierendes Element sind zweifellos die wunderschönen, detaillierten Farbillustrationen auf jeder Seite, die im Stil den Covern des Nausicaä-Mangas ähneln. Teilweise sind sie in Panels unterteilt, und es gibt gelegentlich Sprechblasen, doch die Geschichte wird größtenteils durch normale Prosa (und natürlich die Bilder selbst) erzählt.
Fehlt noch was? Ach ja, die Handlung! Nun gut: Held der Geschichte ist Shuna, Prinz eines kleinen Königreichs in den Bergen. Sein Volk führt ein hartes Leben und muß oft hungern. Eines Tages findet Shuna einen im Sterben liegenden alten Mann. Dieser zeigt ihm einen Beutel, in dem sich große, goldene Körner befinden, die Shunas Volk viel besser ernähren könnten als das Getreide, daß sie bisher anpflanzen. Shuna macht sich auf den Weg, die Herkunft der goldenen Körner zu ergründen…
Fazit: Eine schöne Geschichte, graphisch beeindruckend umgesetzt, und animehistorisch ausgesprochen bedeutungsvoll. Wem die Werke Miyazakis gefallen, der sollte sich Shuna no Tabi nicht entgehen lassen.
Michael B.
Shuna no Tabi
©1983 MIYAZAKI Hayao
Verlag: Tokuma Shoten
Label: Animation Bunko
ISBN: 4-19-669510-8
Preis: ¥448 (ohne Steuern), ca. 9 DM
Watashi no suki-na Hito
Watashi no suki-na Hito (Der Mensch, den ich liebe) ist zugegebenermaßen schon etwas betagt, was seinem Charme jedoch nichts anhaben kann, denn das Thema „Liebe“ ist schließlich zeitlos.
Mit Watashi no suki-na Hito präsentieren CLAMP einen selten so gelungenen Einblick in die Herzen verliebter Mädchen und deren Geheimnisse. In zwölf je siebenseitigen Kurzgeschichten werden die Ängste, Freuden und Zweifel in der Liebe unter die Lupe genommen. Die Liebe zum Lehrer oder zum Jugendfreund wird hier genauso beschrieben wie die Zweifel vor der Hochzeit oder die Ängste, die eine Fernbeziehung belasten.
Jede Kurzgeschichte in Comicform wird dabei von einem mindestens einseitigen Essay abgeschlossen, in dem die Story näher erklärt und kommentiert wird. Oft wird hier dabei auch ein Beispiel aus dem Leben von CLAMP selbst gegeben, was die Geschichten verständlicher und das Lesen für alle CLAMP-Fans interessanter macht.
Durch diese etwas eigentümliche Erzählweise unterscheidet sich Watashi no suki-na Hito von anderen CLAMP Manga. Die Geschichten sind „süß“, aber ohne daß man wie so oft, wenn ein Manga auf das Thema Liebe zu sprechen kommt, Angst vor Karies haben muß. Es werden auf eine ruhige und auf sympathische Art Alltagserlebnisse geschildert, in denen sich jeder auf die eine oder andere Weise wiederfinden kann, doch wird dabei betont auf die Extraportion „Schmalz“ verzichtet. Besonders durch die Essays werden die Probleme der „Heldinnen“ verständlich – die Chance für die Herren der Schöpfung (!). Natürlich werden nicht alle möglichen Probleme behandelt, dafür ist das Thema wohl auch zu komplex.
Die Zeichnungen, die diesmal von NEKOI Mick (Suki Dakara Suki, Wish) stammen, sind wenig extravagant, wenn auch – natürlich – wunderschön. Als besonderes Bonbon sind die ersten zehn Seiten sogar in Farbe. Wert wird jedoch vor allem auf OOKAWA Nanase’s Stories selbst gelegt; das Essay ist letztendlich das Wichtigste.
Die Textlastigkeit des Manga erklärt sich vor allem dadurch, daß Watashi no suki-na Hito im Young Rosé Comics DX Magazin von 1993 bis 1995 erschienen ist, dessen Zielgruppe deutlich über dem Milchzahnalter liegt. Es wird also eher ein realistischer Blick auf die Liebe geboten, womit Watashi no suki-na Hito sowohl für hoffnungslose Romantiker als auch für alle Shoujo-Hasser geeignet ist.
Eine kommerzielle Übersetzung ist mir nicht bekannt, vor den Texten muß sich aber auch der Ungeübteste nicht fürchten, denn unter http://www.west.net/~hikaru/cmlcwtt/WnSnH.txt (Link nicht mehr gültig 9/23) gibt es eine Fanübersetzung ins Englische.
Daniela
Watashi no suki-na Hito
Umfang: Ein Band
Veröffentlicht: 16.7.1995
Verlag: Kadokawa Shoten
ISBN: 4-04-852585-9
Preis: ¥460 (ca. 9 DM)
Porco Rosso
Dieser Studio Ghibli-Anime ist in Frankreich auf DVD erschienen. Neben einer hervorragenden französischen Synchrofassung bietet die DVD auch die japanische Originalversion, französische Untertitel sowie einige Extras.
Italien zwischen den Weltkriegen, irgendwo an der adriatischen Küste. Der berüchtigte Pilot Marco, ein Mann mittleren Alters und Veteran aus dem ersten Weltkrieg, läßt sich als Kopfgeldjäger gegen die Luftpiraterie anheuern. Er hat sich aufgrund von Kriegserfahrungen von menschlicher Gemeinschaft abgewandt, auf unerklärliche Weise die Gestalt eines Schweins angenommen und lebt in selbstgewählter Einsamkeit. Der desillusionierte Einzelgänger hat den Glauben an seine Jugendideale verloren, nachdem er im Krieg zu viele hat sterben sehen. Er leidet sowohl darunter, seine Kameraden im Krieg nicht beschützt haben zu können als auch selbst Menschen getötet zu haben. Seine ablehnende Haltung gegenüber dem in Italien aufgekommenen Faschismus bringt ihn bald in Konflikt mit dem autoritären Staat und seiner Doktrin. Marco kennzeichnen sein joviales Gebaren, ritterlich-altmodische Einstellungen gegenüber Frauen (Kavaliersgehabe inbegriffen) und ein Bedürfnis nach Ungebundenheit. Er ist verschlossen (besonders was seine Gefühle angeht), scheint nie aus der Fassung zu geraten, stolz, manchmal bärbeißig, aber im Grunde seines Herzens gutmütig und loyal gegenüber seinen Freunden. Hinter der äußerlich harten Schale, die er sich gibt, verbirgt sich ein verletzlicher Kern.
Gina, seine Herzensdame, ist der einzige Mensch der ihn mit seiner Vergangenheit verbindet, alle seine Kumpanen kamen als Kampfpiloten um. Gina, eine sehr elegante, intelligente, unabhängige Frau, erhofft sich eigentlich schon seit langem eine Beziehung zu Marco, die über ihre enge Freundschaft hinausgeht. Marcos Reserviertheit mag daher rühren, daß er sich Vorwürfe macht, daß er Berlini, der mit Gina verheiratet war und im selben Bataillon wie Marco diente, einst im Krieg nicht retten konnte. Er will nicht den Platz seines besten Freundes einnehmen.
Als Marco einer Bande Piraten (eine göttlich komische Truppe!) zu unbequem wird, heuern diese den arroganten amerikanischen Piloten Curtis an, einen liebenswert selbstverliebten Charmeur. Dieser hat sich überdies in Gina verliebt und hegt einen riesigen Groll gegen seinen Konkurrenten. Marco steht indes die junge Flugzeugkonstrukteurin Fio zur Seite.
Vordergründig wird hier mit vielen Gags und Wendungen, spannend wie elegant, eine Abenteuergeschichte erzählt. Die Flugszenen sind von einer atemberaubenden Schönheit und verleihen ein Gefühl der Leichtigkeit. Miyazakis Leidenschaft für Flugzeuge schlägt sich auch darin nieder, daß allen Fliegern im Film authentische Originale der damaligen Zeit zugrunde liegen.
Die Dialoge sind spritzig und voller Witz; dann und wann mischt sich die Stimmung mit Melancholie. Durch die komplexen Charaktere und den Kontext, in den die Geschichte eingebettet ist, gewinnt der Film an Vielschichtigkeit.
Porco Rosso war bis zum Erscheinen von Mononoke Hime übrigens der erfolgreichste Ghibli-Film. Er ist bis heute einer der großartigsten Anime überhaupt geblieben.
Elisabeth
Porco Rosso
Autor, Drehbuch und Regie: MIYAZAKI Hayao
Laufzeit: 89 Minuten
Audio: Frz., Portug., Jap., Frz. UT
Erscheinungsjahr: 1992 (frz. DVD 1999 unter dem Label Studio Canal +)
Extras: Filmographie, frz. Werbetrailer, Steckbriefe der Charaktere und Flugzeuge, frz. Werbeplakate, Kapitelanwahl
Ländercode: DVD Zone 2 (Pal), auch als VHS
Preis: 197 FF
Importpreis: ca. 60 DM