- Ist der Import von US-DVDs verboten?
- Gespräch mit Jan Scharringhausen (GVU)
- Raubkopien – ein Kavaliersdelikt?
- Raubkopien?
- Kontrovers diskutiert: Hongkong-Raubkopien
- BPjS, FSK-Freigabe, Indizierung?
- Abmahnungen im Netz
Ist der Import von US-DVDs verboten?
Vor einigen Wochen machte sich Unruhe bei deutschen DVD-Händlern breit: Die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) hat einen Rundbrief an zahllose Geschäfte und Versandhändler, die amerikanische DVDs in ihrem Sortiment führen, geschickt…
In diesem Brief wurden die Händler auf Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz und das Urheberrecht hingewiesen. Mehrere Händler haben daraufhin die US-DVDs aus ihrem Programm entfernt; davon betroffen waren auch Anime-DVDs.
Warum steht nun in der FUNime ein Artikel zu dieser Problematik? Der vorletzte Satz sagt es ziemlich klar – durch diesen Rundbrief wurde es wieder etwas schwieriger für uns alle, Anime-DVDs in deutschen Läden zu kaufen, und Gerüchte sprechen sogar davon, daß der Import von US-DVDs ebenfalls verboten und demnächst sogar mit Beschlagnahmeaktionen beim Zoll zu rechnen sei. Mit diesen Gerüchten will ich mich hier auseinandersetzen. Der erste Vorwurf der GVU, die übrigens ein Zusammenschluß von deutschen Unternehmen der Film- und Softwareindustrie ist, – und damit natürlich parteiisch – wies auf Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz hin. Tatsächlich gibt es im Jugendschutzgesetz einige einschlägige Normen:
§ 7 JÖSchG
(1) Bespielte Videokassetten […] und vergleichbare Bildträger dürfen Kindern und Jugendlichen in der Öffentlichkeit nur zugänglich gemacht werden, wenn die Programme von der obersten Landesbehörde für ihre Altersstufe freigegeben und gekennzeichnet worden sind.
(2) […] Auf die Alterseinstufung ist mit einem fälschungssicheren Zeichen hinzuweisen. Das Zeichen ist vom Inhaber der Nutzungsrechte auf dem Bildträger und auf der Hülle in einer deutlich sichtbaren Form anzubringen. […]
(3) Bildträger, die von der obersten Landesbehörde nicht oder mit “Nicht freigegeben unter achtzehn Jahren” gekennzeichnet worden sind, dürfen […]
2. nicht im Einzelhandel außerhalb von Geschäftsräumen, in Kiosken oder anderen Verkaufsstellen, die der Kunde nicht zu betreten pflegt oder im Versandhandel angeboten oder überlassen werden.
Der Jugendschutz in der Filmwirtschaft fällt übrigens in den Bereich der Kulturhoheit der Länder, und damit nicht in die Aufgaben des Bundes. Anders sieht es bei der Indizierung durch die “Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften” aus. Theoretisch könnte ein Film also in jedem Bundesland eine andere Alterseinstufung bekommen. Da dies allein vom Verwaltungsaufwand nicht praktikabel ist, haben die Bundesländer zusammen mit der Filmwirtschaft den Verein “Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft e.V.” gegründet. Dieser spricht eine Empfehlung aus, an die sich die Landesbehörden meist halten. Was sagt diese Norm aber nun für uns Anime-Fans aus?
Es ist natürlich klar, daß keine US-DVD den Anforderungen des §7 II JÖSchG entsprechen kann. Damit sind alle amerikanischen DVDs wie Adult-Filme zu behandeln und dürfen vor allem nicht im Versandhandel angeboten werden. Nach den Maßgaben des §7 III JÖSchG dürfen US-DVDs aber sehr wohl in deutschen Geschäften verkauft und, anders als indizierte Titel, auch beworben werden.
Der zweite Vorwurf der GVU ist etwas vielschichtiger und problematischer.
Verzwickt wird die Sache dadurch, daß in diesem Bereich sich widersprechende Auslegungsarten existieren und es auch bei den Gerichten keine klare Linie gibt. Zwar haben die meisten Gerichte in einer Weise entschieden, die der GVU in ihr Konzept passen dürfte, aber dies geschah aus unterschiedlichen Gründen. Als besonderes Schmankerl spielen auch noch das internationale Privatrecht und die internationalen Urheberschutzabkommen in diese Problematik hinein.
Ich werde also versuchen, stark vereinfacht die Probleme aufzuzeigen und einen gemäßigten Lösungsvorschlag unterbreiten, dem der BGH zumindest bereits einmal gefolgt ist. Das Urheberrecht bezieht sich als Basis immer auf den Urheber. Urheber eines Werkes sind dabei gemäß §7 UrhG dessen Schöpfer und nicht die Firma, die den Auftrag gegeben hat. Von den Urheberrechten lassen sich aber sogenannte absolute und ausschließliche Nutzungsrechte ableiten, die den Nutzungsrechteinhaber in dieselbe Rechtsposition wie den Urheber stellt. Die Übertragung der Nutzungsrechte erfolgt gemäß §31 UrhG. Der §32 UrhG stellt fest, daß Nutzungsrechte räumlich, zeitlich oder inhaltlich beschränkt eingeräumt werden können.
Vor allem die räumliche Einschränkung ist hier das Problem: Man kann die Rechte an einem Filmwerk für jedes Land einzeln verkaufen. Die §§88-94 UrhG legen fest, daß auch bei Filmwerken die allgemeinen Regeln der §§15 ff und §§31 ff anzuwenden sind. Die alles entscheidende Frage ist nun: Wie weit geht das Recht des Urhebers?
Früher ging das Reichsgericht davon aus, daß der Urheber bei jedem Akt der Nutzung einzeln seine Zustimmung geben mußte, und damit ein Nutzungsvertrag zwischen dem Endnutzer und dem Urheber vonnöten war. Später wurde der Erschöpfungsgrundsatz formuliert, und mit der Schaffung des Urhebergesetzes mit dem §17 II UrhG geltendes Recht.
Heute geht man davon aus, daß der Urheber nur bei der ersten Verwertung eines Gegenstandes ein Anrecht auf eine Vergütung haben soll. Damit soll eine Doppelvergütung verhindert werden. Wenn also ein Vervielfältigungsstück gemäß §17 II UrhG mit Zustimmung des Urhebers in den Handel gekommen ist, so kann der Käufer danach nach eigenem Belieben mit der Sache verfahren.
Allerdings schränkt das UrhG den Erschöpfungsgrundsatz etwas ein: Notwendig ist nämlich, daß ein Vervielfältigungsstück im Geltungsbereich des UrhG oder der Europäischen Union in den Verkehr gebracht worden ist. Ein in den Verkehr bringen eines Gegenstandes in einem Drittland erfüllt den Erschöpfungsgrundsatz nur für dieses Land, nicht aber für das deutsche Inland. Zu dieser Problematik gibt es jetzt drei interessante Urteile des Bundesgerichtshofes:
Der Bundesgerichtshof hat Anfang der 80er Jahre einer Klage der Nutzungsrechtefirma der Pop-Gruppe ABBA stattgegeben. Eine deutsche Firma hatte Langspielplatten, die für das Land Israel lizensiert und produziert worden waren, nach Deutschland eingeführt. Da zwar in Israel der Erschöpfungsgrundsatz greife, nicht aber für Deutschland, mußte die Importfirma ihr Tun unterlassen.
Einige Zeit später gab es einen ähnlichen Fall, mit einem kleinen Unterschied – die Vertriebsstücke waren zwar in einem Drittland erzeugt worden, die Produktionsfirma hatte aber auch die Vertriebsrechte für Großbritannien. Der BGH entschied, daß eine Einfuhr der Vervielfältigungsstücke nach England erlaubt sein müsse und damit auch nach Deutschland, weil mit den EWG-Verträgen Handelshindernisse in der EG beseitigt werden müßten.
Das dritte Urteil betraf eine Antiquariatskette in Deutschland. Ein Rechteinhaber forderte einen Unterlassungsbeschluß, weil die Kette sowohl gebrauchte amerikanische Bücher als auch deutsche Bücher, deren Lizenzfrist abgelaufen war, in den Handel gebracht hatte. Der BGH stellte fest, daß beide Arten von Büchern durch die Hände eines Privatmannes gelaufen seien und damit eine Erschöpfung des Urheberrechtes notwendigerweise einher gehen müsse. Es wäre Privatpersonen nicht zuzumuten, sich über die Rechtslage zu informieren.
Aus diesen drei Urteilen kann man nun folgendes ableiten: Grundsätzlich ist der Verkauf von US-DVDs in Deutschland nicht zulässig, es sei denn, die US-Firma hat auch die Rechte für Deutschland. Ein Problem kann es nur geben, wenn der Urheber oder der Nutzungsrechteinhaber in Deutschland betroffen ist – sowohl die zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen, als auch die strafrechtlichen Sanktionen des UrhG verlangen nämlich nach einem betroffenen Antragsteller. Privatpersonen dagegen müssen sich um die ganze Problematik gar nicht kümmern, und gebrauchte Vervielfältigungsstücke können ganz ohne Probleme auch in Deutschland verkauft werden.
Zuletzt möchte ich ein paar Worte zum Direktimport durch Privatpersonen verlieren. Das Jugendschutzgesetz ist hier natürlich kein Problem – der Versandhändler sitzt in den Vereinigten Staaten, und damit gilt das JÖSchG für ihn natürlich nicht. Zudem sanktioniert dieses Gesetz in diesem Bereich nur den Händler – der Käufer wird vom §7 JÖSchG gar nicht erfaßt. Die Frage des Urhebergesetzes ist etwas schwieriger zu beantworten.
Einmal ist es einer Privatperson nun wirklich nicht zuzumuten, sich über die genaue Vertragslage der Nutzungsrechte zu erkundigen (was einem Händler sehr wohl zugemutet wird). Zum anderen findet der Vertragsschluß und die Erfüllung des Vertrages in den USA statt. Damit ist bei dem ganzen Vertragswerk das deutsche UrhG gar nicht anzuwenden. Und da eine Privatperson eine Sache in der Regel nicht zur Weiterveräußerung anschafft, greifen die Sanktionen bei ihr sowieso nicht; nicht einmal, wenn sie darunter fallen würden. (Der Besitz wird niemals unter Strafe gestellt – immer nur die öffentliche Nutzung oder die Verbreitung.)
Es könnte bei der Einfuhr zwar zu einer Beschlagnahme der DVDs gemäß §111a UrhG kommen, allerdings ist das sehr unwahrscheinlich. Es müßte nämlich erst einmal wegen jedes einzelnen Filmwerks ein Beschlagnahmeantrag gestellt werden, dann müßte bei jedem Antrag die Antragsbefugnis bewiesen werden, und zuletzt kann ein Beschlagnahmeantrag nur eingereicht werden, wenn man bei der Zollbehörde eine Sicherheitsleistung hinterlegt. Ein Beschlagnahmeantrag ist also mit sehr viel Verwaltungsaufwand und sogar mit Kosten und Kapitalbindung verbunden.
Dies in Verbindung mit der unklaren Rechtslage (die meisten Gerichte würde wohl zugunsten einer Privatperson entscheiden oder ein amerikanisches Gericht für Zuständig erklären) stellt einen sehr sicheren Schutz dar. Zusammenfassend kann man also festhalten, daß die GVU zwar in einigen Dingen recht hat, die Sachlage aber nicht vollständig beschrieben und Argumente, die gegen sie sprechen, einfach unter den Tisch fallen lassen hat.
Trotzdem dürfte es bei einer energischen Verfolgung durch die GVU oder andere “Wächter” für den deutschen US-DVD-Markt schwierig aussehen. Es müssen doch einige Restriktionen in Kauf genommen werden, um der vorhandenen Rechtslage zu entsprechen. Anime-DVDs dürften allerdings von dem ganzen Grabenkampf kaum betroffen sein, weil es hier meist keine deutschen Nutzungsrechteinhaber gibt, die klagen könnten. Meistens erwerben die US-Firmen ja gleich die Weltrechte an einem Anime. Und die japanischen Urheber werden sich bestimmt keine Gedanken machen, ob ein paar US-DVDs auf den europäischen Markt kommen.
Da die ganze Angelegenheit den Direktimport von US-DVDs durch Privatpersonen überhaupt nicht betrifft, sollte der Nachschub in absehbarer Zeit also nicht versiegen.
Alle Angaben in diesem Artikel mache ich nach bestem Wissen und Gewissen. Trotzdem kann jeder sich irren, und die rechtliche Entwicklung schreitet oft schneller voran, als ihr der Einzelne folgen kann. Deshalb übernehme ich keine rechtliche Gewähr für diese Aussagen.
Bernhard
Gespräch mit Jan Scharringhausen (GVU)
In den letzten Wochen beherrschte ein Thema die Medien. Droht ausländischen DVDs ein Importverbot? Besonders ins Blickfeld geriet dabei ein Verein, von dem sich deutsche Importeure massiv unter Druck gesetzt sehen: Die GVU, die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen. Jan Scharringhausen (GVU) äußerte gegenüber der FUNime seine Sicht der Dinge.
FUNime: Wer ist die GVU?
Jan Scharringhausen: Die GVU ist eine Vereinigung der Firmen der Film- und Entertainmentsoftwareindustrie sowie deren nationaler und internationaler Verbände. Mitglieder des Vereins sind unter anderem die bekannten amerikanischen Filmstudios sowie die deutschen Independents und im Softwarebereich z.B. Sony, EA, Konami usw. Zur Mitgliedschaft gehören auch Zulieferbetriebe wie z.B. Kopierwerke.
F: Welche Aufgabe hat die GVU, und wie finanziert sie sich?
JS: Satzungsmäßiger Zweck des Vereins ist die Bekämpfung der Produktpiraterie durch Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden bei der Verfolgung von Raubkopierern und anderen Formen von Rechtsverletzungen im Urheberrechtsbereich. Der Schwerpunkt unserer Tätigkeit liegt dabei in der Bekämpfung von organisierten Formen der Piraterie; wir werden aber auch bei anderen Formen der Verletzung von Rechten unserer Mitglieder tätig werden. Zivilrechtliche Ansprüche z.B. auf Schadensersatz verfolgt die GVU nicht, diese Ansprüche werden in geeigneten Fällen von den geschädigten Mitgliedern selbst durchgesetzt. Die GVU wird ausschließlich durch Mitgliedsbeiträge finanziert.
F: Was sind denn die Unterschiede zur GEMA?
JS: Die GEMA ist eine Verwertungsgesellschaft. Sie nimmt die Rechte ihr angeschlossenen Mitglieder wahr. Wenn Sie ein Werk auf eine bestimmte Art nutzen wollen, können sie sich bei der GEMA, soweit sie die entsprechenden Rechte verwaltet, diese Nutzung gegen eine entsprechende Gebühr lizensieren lassen. Wir verfolgen Verletzungen der Urheberrechte unserer Mitglieder – also Leute, die meinen, ohne den Erwerb von Lizenzen ein Werk nutzen zu können.
F: Die GVU steht auf dem Standpunkt, daß der Import eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Auf welcher Rechtsbasis basiert dieser Standpunkt?
JS: Hier verweise ich auf die eindeutige Rechtslage, die in unserem Schreiben an den Handel ausführlich dargestellt ist (siehe Homepage www.GVU.de unter aktuell). Ein Urheber hat das Recht selbst zu entscheiden, in welchen Ländern sein Werk wann und wie vertrieben wird. Der Vertrieb von Parallelimporten erfolgt in der Regel nur zu dem Zweck, sich einen unlauteren Marktvorteil zu verschaffen. Zum Beispiel soll die Werbung für einen Film, der gerade im Kino läuft, auch für den Vertrieb der DVDs genutzt werden. Die Anbieter solcher Importe verschaffen sich quasi exklusive Vertriebsrecht, ohne dafür einen Pfennig an die Berechtigten zu zahlen. Dieser illegale Vertrieb stört in erheblichem Maß das für eine erfolgreiche Auswertung eines Filmwerks notwendige System der zeitlich gestaffelten Auswertungsfenster. Die Ländercodes der DVDs sollen den Rechteinhabern beim Wahren ihrer Rechte unterstützen. Eine rechtliche Verbindlichkeit stellen sie nicht dar.
F: Wie sehen Sie den Import von DVDs, bei denen in Deutschland keine Rechte vergeben wurden, z.B. bei Filmen aus Japan?
JS: Das ist so nicht richtig. Auch bei Filmen, die nicht direkt in Deutschland vertrieben werden, sind die Rechte für Deutschland vergeben. Diese Rechte besitzt die entsprechende japanische Firma selbst. Und nur diese entscheidet, welche DVDs bzw. Filme allgemein, wann wo vertrieben werden. Es liegt an der Firma selbst, zu entscheiden, ob sie einem Vertrieb in der EU zustimmt oder nicht.
F: Zu welchen Aktivitäten ist die GVU berechtigt?
JS: Wir unterstützen die Behörden bei der strafrechtlichen Verfolgung. Das heißt, daß wir im Vorfeld von Ermittlungen der Polizei z.B. Hinweise auf Piraterie aufnehmen und auf Ihren Gehalt prüfen. Daneben führen wir auch eigene Ermittlungen durch, wie z.B. Marktkontrollen oder Recherchen im Internet. Eine weitere Aufgabe ist die Information der Strafverfolgungsbehörden oder des Handels über urheberechtliche Fragen oder bestimmte Erscheinungsformen von Piraterie. Ein Beispiel ist die jetzt durchgeführte Information zum Thema Import-DVDs.
F: Welche Aktionen hat die GVU bereits durchgeführt?
JS: Wir sehen uns zunächst an, wie die Reaktion auf unsere Aufklärung ist. Dann könnten Firmen Zivilverfahren einleiten, und in größeren Fällen werden wir Strafanträge bei der Staatsanwaltschaft stellen. Für uns ist in diesem Zusammenhang wichtig: Niemand kann mehr sagen, er hätte nichts gewußt.
F: Würde die GVU auch gegen Privatpersonen vorgehen, wenn diese sich ihre Filme aus den USA importieren?
JS: Natürlich nicht! Selbstverständlich kann sich jeder für den Privatgebrauch seine DVDs aus den USA mitbringen. Uns geht es ausschließlich um den Vertrieb im Handel, der sich DVDs aus dem außereuropäischen Raum ausschließlich bedient, um sich unzulässige Marktvorteile zu verschaffen.
F: Was sagt die GVU zu dem Standpunkt, ein massives gesetzliches Importverbot käme einer Zensur gleich und verstoße damit gegen das Grundgesetz?
JS: Das ist absoluter Käse. Jeder kann sich Filme besorgen und ansehen. Aber der Begriff Zensur wird in solchen Zusammenhängen aus Unwissenheit leider immer viel zu schnell gebraucht! Hier geht es doch um die Frage, darf man ein fremdes Werk gewerblich nutzen – d.h. damit Geld machen – ohne die Rechteinhaber daran zu beteiligen? Das europäische Urheberrecht verneint dies!
F: Auf welcher Grundlage beruht die Behauptung, daß beim Import von DVDs die Beschlagnahme drohe?
JS: Die GVU hat einen Grenzbeschlagnahmeantrag gestellt. Das heißt, der Zoll beschlagnahmt Sendungen, wenn sie Produkte enthalten, deren Einfuhr die Rechte hiesiger Rechteinhaber verletzt. Einzelstücke werden, sofern es sich nicht um Raubkopien handelt, wieder freigegeben. Sind in einer Sendung zum Beispiel 10 DVDs von Die Mumie, kann man davon ausgehen, daß sie nicht zum privaten Gebrauch bestimmt sind. Wir haben jedenfalls den Zoll gebeten, die Augen aufzuhalten.
F: Wie sieht es mit dem Gebrauchtmarkt aus? Was passiert, wenn sich Privatpersonen von Stücken aus ihrer Sammlung zum Beispiel über ebay trennen wollen?
JS: Ein Angebot über ebay – auch von Einzelstücken – ist ein Verbreiten. Der Rechteinhaber müßte einer solchen Verbreitung zustimmen. Die gelegentliche Weitergabe einer einzelnen DVD aus den USA an einen guten Freund ist dagegen wohl kein Verbreiten. Der Verkauf über Handelsplätze wie ebay oder Flohmärkte ist es aber ganz sicher.
F: Vielen Dank für Ihre Auskünfte.
Ron
Raubkopien – ein Kavaliersdelikt?
Immer wieder hört man im Zusammenhang mit Anime von Raubkopien. Doch wie ist die Rechtslage eigentlich wirklich – was darf man und was nicht? Und vor allem: Was geht es mich an?
Das Thema “Raubkopien” hat für den Animefan einen besonderen Stellenwert. Die meisten von uns kommen ständig mit solchen Fragen in Berührung – seien es gewerbliche Kopien aus Taiwan, die eigenen Bilder auf der Homepage, bestellte Fansubs oder einfach Kopien von Anime oder Soundtracks, die man Freunden herstellt.
Die erste Frage, die sich stellt, ist, welches Recht muß man eigentlich beachten? Die Antwort wurde schon vor langer Zeit gegeben, als sich die wichtigsten Länder 1886 in Bern trafen, um eine Übereinkunft für das Urheberrecht zu schaffen. Später rief die Welthandelsorganisation im Jahre 1955 ein weiteres Welturheberrechtsabkommen, das zwar von mehr Ländern ratifiziert worden ist, aber keinen Mindestrechtekatalog wie das Berner Abkommen kennt, ins Leben.
Die Berner Übereinkunft wurde später durch viele weitere Konferenzen erweitert und geändert, so daß es heute die Fassungen von Bern (1886), Berlin (1908), Rom (1929), Brüssel (1948) und Paris (1971) gibt. Zwischen zwei Ländern gilt jeweils die neueste Fassung, die beide ratifiziert haben. Deutschland und Japan haben beide die neueste Fassung unterschrieben.
Das Berner Abkommen bestimmt, grob gesagt, daß jeder Bürger eines Mitgliedslandes in jedem Land die selben Rechte genießt, die ein dortiger Bürger hat. Für alle japanischen Werke gilt demnach in Deutschland das deutsche Urhebergesetz. Das Urhebergesetz (kurz UrhG) legt nun einige wichtige Grundregeln fest.
Zum einen wird zwischen den Urheberrechten und den Nutzungsrechten unterschieden. Die Urheberrechte genießen alle Urheber eines Werkes, also die Zeichner, Musiker, Komponisten et cetera. Diese behalten ihre Rechte und können sie grundsätzlich nicht übertragen, es sei denn durch eine Verfügung von Todes wegen. Alle Rechte verfallen 70 Jahre nach dem Tod des letzten Miturhebers. (Für Japaner gilt allerdings eine andere Fristlänge.) Dagegen stehen die Nutzungsrechte (z.B. Vermarktung, Verleih oder Vervielfältigung), die meistens beim Auftraggeber oder einer Firma liegen.
Die Nutzungsrechte werden genau wie die Urheberrechte geschützt. Aber mehr interessiert: Was darf man nun und was nicht? Grundsätzlich darf niemand ohne Einwilligung der Urheber oder der Nutzungsrechteinhaber ein Werk kopieren und vertreiben. Es gibt allerdings dabei ein Problem. Einige Länder haben beide internationale Abkommen nicht unterzeichnet und deshalb darf man in diesen Ländern ohne Gefahr die Rechteinhaber ignorieren. Taiwan gehört zum Beispiel zu diesen Ländern. Eine Firma in Taiwan kann ohne irgendwelche Lizenzgebühren einfach Filme, Soundtracks oder ähnliche Sachen im großen Stil herstellen und verkaufen.
Diese Kopien dürfen nicht nach Deutschland eingeführt werden und sind vom Zoll zu beschlagnahmen, wenn einer der Rechteinhaber bei der Oberfinanzdirektion in Nürnberg einen Beschlagnahmeantrag gestellt hat. Liegt ein solcher Antrag nicht vor, werden diese Raubkopien zumindest bei der Einfuhr nicht verfolgt. Darüberhinaus gilt § 96 UrhG, der bestimmt, daß rechtswidrig hergestellte Kopien (oder solche, deren Herstellung in Deutschland rechtswidrig wäre) weder verbreitet noch öffentlich wiedergegeben werden dürfen.
Der Käufer handelt also erst dann rechtswidrig, wenn er sein Vervielfältigungsstück öffentlich vorführt (der Freundeskreis gilt nicht als öffentlich), verkauft oder verschenkt. Umstritten ist, ob die Leihe auch schon als Verbreitung anzusehen ist. Neben dem Verbot gibt der Gesetzgeber dem Rechteinhaber auch noch einige Waffen an die Hand.
Gemäß § 97 UrhG können diese die Unterlassung der Verbreitung erzwingen und Schadensersatz einklagen. § 98 UrhG formuliert einen Vernichtungsanspruch, bei dem der arglose Käufer jedoch einen Vergütungsanspruch hat. Zuletzt stellt der Gesetzgeber die rechtswidrige Verbreitung, Vervielfältigung und öffentliche Wiedergabe unter Strafe. Für Privatpersonen wären das gemäß § 106 UrhG drei Jahre Freiheitsentzug oder eine Geldstrafe.
Im Falle der gewerbsmäßigen Verletzung erhöht sich die Freiheitsstrafe auf fünf Jahre (§ 108a UrhG). Zusammengefaßt darf ich solche Vervielfältigungsstücke zwar kaufen, nicht aber wieder verkaufen oder anders als privat nutzen. Diese Delikte sind übrigens Antragsdelikte und werden grundsätzlich nur auf Antrag der Rechteinhaber verfolgt.
Das Urheberrecht kennt allerdings auch einige Schranken. Die wichtigste dürfte § 53 UrhG sein, der private Kopien erlaubt. Da dieser Paragraph wirklich wichtig ist, möchte ich den ersten Absatz in der Anfang 2000 gültigen Fassung zitieren:
§ 53 UrhG. Vervielfältigung zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch. (1) Zulässig ist, einzelne Vervielfältigungsstücke eines Werkes zum privaten Gebrauch herzustellen. Der zur Vervielfältigung befugte darf die Vervielfältigungsstücke auch durch einen anderen herstellen lassen; doch gilt dies für die Übertragung von Werken auf Bild- oder Tonträger und die Vervielfältigung von Werken der bildenden Künste nur, wenn es unentgeltlich geschieht.
Einige Worte dieses Paragraphen benötigen der Erklärung.
Das Wort “einzelne” ist sehr unbestimmt. Der BGH hat in einem Urteil bestimmt, daß nicht mehr als sieben Kopien pro Person angefertigt werden sollen. Allerdings war damals nur der Antrag auf sieben Stücke gestellt worden und deshalb konnte nicht anders entschieden werden. Wenn wieder einmal ein solcher Fall vor den BGH kommt, wird die Zahl wahrscheinlich auf drei vermindert werden.
“Pro Person” ist dabei so zu verstehen, daß ich zum Beispiel sieben Kopien für mich und jeweils sieben Kopien für jeden anderen herstellen darf. In dem Moment, in dem mich jemand mit einer Kopie beauftragt, kopiere ich nicht für mich, sondern nur für ihn.
Eine andere Frage ist, was unter “unentgeltlich” zu verstehen ist. Es bedeutet, daß der Kopierende keinen finanziellen Vorteil durch sein tun haben darf. Der Ersatz der eigenen Kosten ist jedoch zulässig. Eine Kopie darf sogar durch ein kommerzielles Unternehmen hergestellt werden, wenn die Kopierkosten identisch mit den Kosten für den Auftraggeber sind. Es ist so zum Beispiel zulässig, einen Copyshop zu beauftragen, für mich eine Kopie eines Fachvortrages herzustellen.
Der § 53 I UrhG hat allerdings auch einige Grenzen. So verbietet zum Beispiel § 53 IV UrhG die Kopie von vollständigen Büchern und Zeitschriften, es sei denn, diese gelten seit zwei Jahren als vergriffen. Früher verbot der § 53 IV UrhG zum Beispiel generell die Vervielfältigung von Computerprogrammen, jedoch wurde dieser Passus in den letzten Jahren geändert und damit diese Ausnahme aufgehoben.
Statt dessen wurde der § 53 V eingefügt und nur noch die Vervielfältigung von elektronischen Datenbanken ausgenommen. § 53 VI UrhG bestimmt zuletzt, daß gemäß dieser Regelungen hergestellte Kopien nicht verbreitet oder öffentlich wiedergegeben werden dürfen. Ich darf meine Kopie also nicht verleihen oder verkaufen, sondern muß dem Interessenten eine neue, eigene Kopie anfertigen.
Damit habe ich die wichtigsten gesetzlichen Regelungen vorgestellt, ohne allerdings das Thema umfassend behandelt zu haben. Bei Problemen sollte jeder selber mal in das Urhebergesetz schauen, vor allem da es ständige Änderungen gibt.
Einige Fragen will ich aber noch anschneiden. Sehr problematisch sind auf jeden Fall die Benutzung von Bildern, Musikstücken und Textauszügen auf Internetseiten. Sie sind nach den Regelungen dieses Gesetzes verboten und gelten keinesfalls als private Nutzung. Da solche Verstöße aber nur auf Antrag verfolgt werden und die Seiten für die japanischen Firmen meist als kostenlose Werbung angesehen werden, ist die tatsächliche Gefahr eher gering. Man sollte aber auf jeden Fall im Hinterkopf behalten, daß man etwas nicht erlaubtes tut und auf das Wohlwollen der Rechteinhaber angewiesen ist.
Eine andere Frage richtet sich auf die Fansubproblematik. Für den privaten Gebrauch ist es nicht verboten, sich untertitelte Fassungen ausländischer Werke anzufertigen. Man darf diese unter Maßgabe des § 53 UrhG auch vervielfältigen und verbreiten. Dabei sind aber zwei Sachen zu beachten. Es dürfen keine Kopien auf Vorrat hergestellt werden. Nur wenn ich einen Auftrag bekommen habe, gilt das Verbreitungsverbot des Absatz 6 nicht. Auch darf man keinen finanziellen Gewinn anstreben. Natürlich darf man kundtun, daß man eine untertitelte Version geschaffen hat und wenn dann Anfragen kommen, darf ich diese befriedigen.
Da unter diesen Maßgaben Fansubs erlaubt sind, darf ich auch ausländische Fansubs in Auftrag geben, ohne zumindest mit den deutschen Gesetzen in Konflikt zu kommen. Doch gelten auch diese ausländischen Fansubs als Vervielfältigungsstücke und deshalb gilt hier ebenfalls das Verbreitungsverbot des sechsten Absatzes.
Ein paar Worte möchte ich noch zur Marken- und Produktpiraterie verlieren. Durch kommerziell hergestellte Raubkopien werden jedes Jahr weltweit immense Schäden angerichtet. Das Bundesamt für Statistik schätzt den weltweiten Schaden pro Jahr auf 550 Milliarden DM.
Die Anzahl der Grenzbeschlagnahmen nimmt stetig zu. Waren es im Jahr 1992 noch 39 Fälle mit einem Beschlagnahmewert von 93581 DM, so traten die Behörden im Jahre 1998 bereits 2013 mal in Erscheinung und beschlagnahmten Waren im Wert von 27.850.554 DM. Den größten Teil machten hierbei Bild-, Ton- und Datenträger mit fast 18 Millionen DM aus.
Diese Entwicklung sollten wir Fans nicht auch noch fördern.
Alle Angaben in diesem Artikel mache ich nach besten Wissen und Gewissen. Trotzdem kann jeder sich irren und die rechtliche Entwicklung schreitet oft schneller voran, als der einzelne folgen kann. Deshalb übernehme ich keine rechtliche Gewähr für diese Aussagen.
Bernhard
Raubkopien?
Raubkopien und Produktpiraterie sind ein Thema, mit dem der Animefan immer wieder in Berührung kommt. Schließlich spielen in diese Problematik die Themen Fansubs, Import aus Japan oder den USA, sowie neuerdings die Schwemme fragwürdiger Artikel aus den Ländern Taiwan und der Volksrepublik China hinein. Die FUNime hat zu mehreren Aspekten dieser Thematik bereits in der Ausgabe 15 einen längeren Artikel veröffentlicht.
Zur Zeit sind die Importe von Medienwerken wie CDs und DVDs aus Taiwan und der VR China besonders umstritten und deshalb lohnt es sich, einmal einen näheren Blick nur auf diese Problematik zu werfen, vor allem, da sich mit der Aufnahme beider Länder als Mitglieder in die WTO (Welthandelsorganisation) in der Zukunft vielleicht Veränderungen ergeben könnten.
Ein Blick in das Urhebergesetz klärt schnell die Rechtslage: § 121 III UrhG dehnt gemäß des Berner Abkommens zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (RBÄ) sowie dem Welthandelsabkommen (WTA) den Schutz des Urhebergesetzes auch auf Urheber aus anderen Mitgliedsländern der beiden Abkommen aus.
Japan und Deutschland haben beide die Pariser Fassung von 1971 beider Abkommen unterzeichnet und ratifiziert. Somit ist das deutsche Urhebergesetz auf Urheberrechte japanischer Staatsbürger anwendbar. §§ 15 ff UrhG regelt die Weitergabemodalitäten von Verwertungs- und Nutzungsrechten, die §§ 97 ff UrhG regeln die zivilrechtlichen Schutzbestimmungen und die §§ 106 ff normieren die strafrechtlichen Konsequenzen.
Was ist damit eigentlich verboten?
Das Urhebergesetz verbietet ausdrücklich die Herstellung, die Verbreitung und die öffentliche Wiedergabe von Werken ohne entsprechendes Nutzungsrecht. Dabei kommt es übrigens ausdrücklich nicht darauf an, ob ein Vervielfältigungsstück in dem Land, in dem es produziert worden ist, legal ist. Für die Herstellung und öffentliche Verbreitung müssen die Rechte bei der in Deutschland handelnden Person liegen.
Wenn man sich diese Bestimmungen genau anschaut, so kann man ziemlich leicht auch die Grenzen des Urheberrechts erkennen. Nicht verboten ist zum Beispiel der reine Besitz von nichtlizensierter Ware oder die private Nutzung. Andere Grenzen sind nicht auf den ersten Blick zu erkennen. So ist zum Beispiel auch die private Einfuhr von Raubkopien nicht verboten. Die Gerichte gehen von einer privaten Einfuhr aus, wenn nicht mehr als ein bis drei Vervielfältigunsgstücke ein und desselben Werkes eingeführt werden.
§ 96 UrhG verbietet zwar allgemein jede Verbreitung von illegal hergestellten Werken, die Rechtssprechung geht in der Praxis aber davon aus, daß unter diese Norm nicht die private Verbreitung zu subsumieren ist.
Damit darf ich als Privatperson zum Beispiel in Taiwan eine nicht lizensierte DVD kaufen, diese nach Deutschland einführen, hier besitzen und sogar an Freunde in einer nichtöffentlichen Umgebung verkaufen.
Anders sieht es für Händler aus. Diese handeln in einem öffentlichen und gewerblichen Rahmen und verstoßen damit eklatant gegen die Schutznormen des Urhebergesetzes. Neben Ansprüchen auf Unterlassung und Schadensersatz droht damit sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Händler verstoßen damit gegen das Urhebergesetz, wenn sie Werke einführen und öffentlich verbreiten, für die sie keine für das Gebiet der Bundesrepublik geltende Erlaubnis haben. Diese Erlaubnis brauchen übrigens auch Werke aus jedem anderen Land außer Mitgliedsländern der europäischen Union, also auch die USA und Japan.
Allerdings handelt es sich bei all diesen Delikten und Schutznormen um Antragsdelikte. Deutsche Gerichte verfolgen sie deshalb nur auf Wunsch des Urhebers oder eines Nutzungsrechteinhabers. Bei legal hergestellten Werkstücken besteht aber auch immer die Möglichkeit, daß der Urheber den Verkauf und Export dieser Werkstücke in bestimmte andere Länder nicht normiert oder verboten hat. Besitzt so zum Beispiel eine amerikanische Firma die Weltrechte eines Werkes für alle Länder außer Japan (das war früher zum Beispiel nicht unüblich), so dürfen diese amerikanischen Vervielfältigunsstücke auch völlig legal nach Deutschland eingeführt und hier verkauft werden.
Man muß natürlich das Jugendschutzgesetz beachten. Damit stellt sich jetzt einem Händler die Frage, welche Sorgfaltspflichten er bei der Zusammenstellung seines Sortiments walten lassen muß. Verkauft er Werkstücke aus Ländern, bei denen ein Verstoß gegen das Urheberrecht meistens a priori nicht angenommen werden kann, weil z.B. der amerikanische Produzent auch die Rechte für Deutschland besitzen könnte, so sollte eine schriftliche Bestätigung des Verkäufers ausreichen, um zumindestens strafrechtlich nicht grob fahrlässig gehandelt zu haben.
In einigen Fällen geht der Bundesgerichtshof aber von besonderen Sorgfaltspflichten aus (vergl. BGH in NJW 1987, 2896). Diese greifen zum Beispiel, wenn ein Händler Produkte einer sehr bekannten Marke zu einem ungewöhnlich niedrigen PreKontrovers diskutiert: Hongkong-Raubkopienis (z.B. Rolex-Uhren für EUR 1.000 statt EUR 3.000) angeboten bekommt oder die Produkte aus Ländern kommen, wo eher nicht mit einer ordnungsgemäßen Lizenz gerechnet werden kann.
Als Beispiel nennt der BGH hier an anderer Stelle zum Beispiel Ton- und Bildträger aus der VR China. Bei solchen Produkten ist der Händler angehalten, besondere Nachforschungen anzustellen, ob die Produkte in Deutschland verkauft werden dürfen. In der Praxis bestehen die Konsequenzen übrigens meist aus Schadensersatzforderungen und zivilrechtlichen Klagen.
Nur die GVU hat in der Vergangenheit für Aufsehen gesorgt, weil sie recht rigide Anträge auf Strafverfolgung gestellt hat.
Zum Schluß stellt sich nun die Frage, ob vielleicht in der absehbaren Zukunft die Produktion von Raubkopien durch die Aufnahme von Taiwan und der VR China in die Welthandelsorganisation eingedämmt werden könnte.
Trotz der Namensähnlichkeit hat das Welthandelsabkommen leider nicht viel mit der Welthandelsorganisation zu tun. Ersteres wurde 1952 auf Initiative der UNESCO ins Leben gerufen. Mitglieder der Welthandelsorganisation müssen damit nicht zwangsweise dem Welthandelsabkommen beitreten. Dies verbessert leider die Lage auch nicht unbedingt, wie man am Beispiel der VR China verfolgen konnte. Die VR China ist 1992 dem Weldhandelsabkommen und der Berner Abkommen beigetreten. Trotzdem wird sie im Copyrightbericht des Jahres 2000 als größter Produzent von Piraterieprodukten der Ton- und Videobranche genannt.
Der Bericht nennt mehrere US-Kinofilme, die noch nicht einmal eine Woche nach der Premiere in den Straßen der VR China als DVD für ca. $1,20 verkauft wurden. 1995 versuchten die USA durch massiven außenpolitischen Druck die Einhaltung der Urheberrechtsabkommen zu erzwingen und zwangen die VR China im Februar, ein bilaterales Abkommen zu unterzeichnen. Doch bereits einige Monate später schlossen die „International Federation of Phonographic Industries“ ihr Büro, da das Leben der Mitarbeiter mehrmals bedroht worden war.
Bis heute hat sich die Situation nicht fühlbar verbessert. Anders sah es in der Vergangenheit in Taiwan aus. Hier reagierte man meist sehr schnell auf außenpolitischen Druck aus Japan oder den USA und zwang die eigene Bevölkerung zur Einhaltung des Urheberrechts in bestimmten Fällen. Leider wird außenpolitischer Druck nur auf Veranlassung von großen Lobbys durchgeführt und deshalb produziert man raubkopierte DVDs und Musik-CDs in Taiwan meist nur für den eigenen, den europäischen und den amerikanischen Markt, wobei man versucht, den Urhebern nicht in die Quere zu kommen.
In der Zukunft ist für uns deutsche Animefans also eher noch mit einer Steigerung der illegalen kommerziellen Einfuhr raubkopierten DVDs und Soundtracks zu rechnen.
Bernhard
Kontrovers diskutiert: Hongkong-Raubkopien
Bis vor kurzem beschränkte sich der Markt für nicht-lizensierte Raubkopien im Animebereich hierzulande im wesentlichen noch auf einige Modelkits, Poster und CDs, deren Stückzahlen jedoch begrenzt blieben. Im Zeitalter der DVD sieht das jedoch anders aus…
Einen ersten Boom brachten dann 1999 Anime Soundtrack-CDs aus Taiwan, die plötzlich massenhaft in deutschen Comicshops auftauchten (siehe FUNime Nr. 12, Dezember 1999, S. 4). Während Originale aus Japan 70 bis 80 DM kosteten, waren diese nun für meist 50 DM zu haben und fanden reißenden Absatz. Die wenigen Anime-CDs, die es ganz legal auch bei uns zu kaufen gab und die oft sogar nur 40 DM kosteten, verschwanden dagegen aus den Auslagen – die Gewinnspannen waren niedriger.
Wohltat für die Fans?
Die meisten Händler bieten raubkopierte DVDs hierzulande – wie zuvor schon die CDs – zu weit überhöhten Preisen an. Teilweise kosten DVDs, die im Einkauf bei 5 Euro liegen, hier bis zu 35 Euro. Daß der Handel mit Hongkong-Ware sehr lukrativ ist und traumhafte Gewinne verspricht, erklärt die Aufgeregtheit der Händler, wenn über das Thema diskutiert wird. Dabei ist das vielfach vorgebrachte Argument, alles sei doch im Grunde nur für einen guten Zweck, denn so können sich auch Fans mit schmalerem Geldbeutel mehr Anime leisten, meist nur vorgeschoben, nämlich dann, wenn die Hongkong-Importe hier für Phantasiepreise an den Fan gebracht werden. Daß dieser dabei im Grunde über den Tisch gezogen wird, merken die meisten gar nicht, vergleichen sie doch den Preis der (qualitativ fast immer schlechteren) Raubkopie mit dem des Originals – und freuen sich, wenn sie scheinbar „gespart“ haben. Wer weiß denn auch schon, was die DVDs im Einkauf gekostet haben?
Dabei wurde bis vor kurzem noch von vielen der Ruf nach mehr deutsch untertitelten oder gar synchronisierten Anime laut, und US-Importe oder englische Fansubs wurden schon mal als Anime für eine privilegierte Minderheit bezeichnet, da viele nicht genug Englisch verstehen, um der Handlung folgen zu können. Davon ist jetzt keine Rede mehr, raubkopierte DVDs mit englischen Untertiteln gelten bei Raubkopie-Befürwortern auf einmal als Segen für die Fans.
Niemand wird bestreiten, daß es für eine größere Verbreitung unseres Hobbys von grundlegender Bedeutung ist, je mehr deutsch untertitelte und deutsch synchronisierte Anime erscheinen. Die DVDs mit ihren niedrigen Herstellungskosten eröffnet uns da gerade alle Möglichkeiten, die ersten Firmen kommen mit ihren Produkten an den Markt, und am Beispiel EMA sieht man anhand der für Mai geplanten Weiß Kreuz-DVDs, daß auch die Preise schon zu fallen beginnen: 5 Folgen pro DVD für 25 Euro sind ein erfreuliches Signal.
Doch gerade, wenn die deutschen Anbieter nach langem Zögern beginnen, mehr Anime auf den deutschen Markt zu bringen und sich dabei auch den Wünschen und Verbesserungsvorschlägen der Fans gegenüber aufgeschlossen zeigen, drängen einige wenige Händler mit ihren Hongkong-Importen auf den noch kleinen Markt und gefährden teils aus Gewinnstreben, teils aus Naivität die gerade entstehende deutsche Animeindustrie.
Die Manga haben es uns vorgemacht: Noch vor wenigen Jahren konnte sich keiner vorstellen – zumindest die Verlage zögerten lange – daß es möglich ist, Manga auch bei uns in großer Auflage, bei akzeptabler Qualität zu einem günstigen Preis von 5 bis 6 Euro anzubieten. Heute haben wir nach nur wenigen Jahren ein vor kurzem noch schier unmöglich gehaltenes Angebot von deutschsprachigen Manga.
Dasselbe ist auch bei Anime möglich, noch stehen wir am Anfang des Booms. Aber nur mit mehr deutschen Releases, mit vernünftiger Qualität, ist den Fans wirklich geholfen. Natürlich spricht nichts gegen einen Verkauf von eindeutig lizensierter Ware aus Fernost. Im Zeitalter der vielzitierten Globalisierung ist es völlig legitim, genauso wie US-DVDs auch legale Hongkong-DVDs anzubieten.
Dies war bei den einschlägigen Händlern bislang nur nicht der Fall, bestenfalls lagen wenige lizensierte Titel neben haufenweise raubkopierten DVDs, und dem verunsicherten Käufer wurde nicht selten wider besseren Wissens versichert, es handle sich um ordnungsgemäß lizensierte Ware. Bleibt zu hoffen, daß die ganze Sache auch ihr Gutes hat – nämlich dann, wenn durch die offensichtliche Nachfrage nach mehr (Hongkong-)Anime die Industrie erkennt, daß der Bedarf vorhanden ist, und sich mit weiteren Releases beeilt.
Denn machen wir uns nichts vor, den Raubkopien wird man nicht mit Restriktionen oder Appellen Herr werden können. Hier helfen letztlich nur die Gesetze des Marktes – dann nämlich, wenn neben der Raubkopie mit schlecht getimeten englischen Untertiteln ein deutsches Produkt liegt, und der Fan lieber zu diesem greift.
Fansubs – auch nur Raubkopien?
Oft fällt als Argument der Vergleich mit Fansubs. Sind das auch Raubkopien?
Im strengen Sinne natürlich ja. Der Vergleich hinkt aber, da Fansubs den Markt bei uns erst entstehen lassen haben, und bei Einhaltung des Ehrenkodex der Fansubber – Weitergabe bzw. Kopie nur zum Selbstkostenpreis, sofortige Einstellung des Vertriebs bei Bekanntwerden einer kommerziellen Lizenz – von ihnen keine Gefahr für den Animemarkt ausgeht, und erst recht keiner mit dem geistigen Eigentum anderer reich wird. Dieses Prinzip hat jahrelang in den USA sehr gut funktioniert, wurde von der Wirtschaft toleriert und führte letztlich zu dem beeindruckenden Marktangebot, das wir in letzter Zeit in den USA erleben.
Markus
BPjS, FSK-Freigabe, Indizierung?
Indizierung, Zensur, Verbot. Diese Begriffe geistern immer wieder diffus durch den Raum, wenn es um vermeindliche Pornographie oder Gewaltverherrlichung geht.
Wir wollen hier einige Begriffe erklären, die in diesem Zusammenhang immer wieder fallen, und über die die merkwürdigsten Vorstellungen existieren.
BPjS: Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften ist eine selbständige Bundesoberbehörde mit eigenem Haushalt. Sie ist dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zugeordnet. Die Mitglieder der Bundesprüfstelle sind nicht an Weisungen gebunden. Aufgabe der BPjS ist u.a., jugendgefährdende Medien auf Antrag von Jugendministern und -ämtern strafbewehrten Verboten zu unterwerfen, damit sie nur noch Erwachsenen, nicht aber Kindern zugänglich sind. Die Bundesprüfstelle darf keine Schnittauflagen bei Filmen verfügen, denn dies würde dazu führen, daß Erwachsene keinen Zugang zu diesen Szenen haben. Die Entscheidung, ob eine Schrift oder ein der Schrift gleichgesetztes Medium auf die Liste jugendgefährdender Medien kommt, wird im Bundesanzeiger veröffentlicht.
Wichtig: Die Bundesprüfstelle wird niemals aus eigenem Antrieb oder aus Antrieb von Privatpersonen tätig!
FSF: Die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen ist ein gemeinnütziger Verein mit dem Ziel, den Jugendschutz im Fernsehen zu verbessern und einen bewußteren Umgang mit dem Medium zu fördern. Mitglieder sind die privaten Fernsehanbieter Deutschlands. Im Bereich der Programmprüfung begutachtet die FSF Fernsehprogramme vor ihrer Ausstrahlung und legt Sendezeiten fest. Die Begutachtung erfolgt mittels eines Regelkataloges. Die Mitgliedssender haben sich verpflichtet, die Empfehlungen der FSF bei ihrer Programmgestaltung zu berücksichtigen. Um es eindeutig zu sagen: Die BPjS ist nicht für Fernsehsendungen zuständig. Das Ausstrahlen von Fernsehfilmen regelt der Rundfunkstaatsvertrag.
FSK: Freiwillige Selbstkontrolle Filmwirtschaft. Sie entscheidet über die Altersfreigaben für Kinder und Jugendliche. Die Fernsehsender haben als Gegeninstitution die FSF gegründet, die Spieleindustrie die USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle). Filme, die weniger als ein FSK 18 erhalten haben, können nicht der BPjS vorgelegt werden. Filme ohne Altersfreigabe werden wie FSK 18 Filme behandelt, über die die BPjS auf Antrag entscheiden kann.
Indizierung: Eine Indizierung bedeutet, der Film, die Schrift oder ein vergleichbares Medium wird in die Liste jugendgefährdender Medien aufgenommen. Damit sind für das Produkt gravierende Hemmnisse aufgetürmt worden. Es darf weder beworben werden, noch darf es Personen unter 18 Jahren zugänglich gemacht werden. Ein Verstoß kann mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden. Eine Indizierung ist kein Verbot. Erwachsene haben das Recht, sich ein indiziertes Produkt zu beschaffen. Eine Teilindizierung z. B. von einzelnen Seiten einer Zeitschrift mit dem Ziel, sie herauszutrennen, um die übrige Zeitschrift weiter zu vertreiben, hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich untersagt.
Ron
Abmahnungen im Netz
Kein Thema hat die Gemüter der Internet-Fangemeinde in den letzten Wochen so erregt wie die Abmahnungen, die Mitglieder der deutschen Anime-Newsgroup de.alt.anime, genannt daani, bekamen. Was war passiert?
In einem Thread über die AnimaniA ließ sich einer der beteiligten Teilnehmer dazu hinreißen, die Mitarbeiter von ACOG u.a. pauschal als unfähig zu bezeichnen; einen Tag zuvor hatte ein anderes bekanntes Mitglied der daani aus bloßen Vermutungen Tatsachen hergeleitet, die nicht haltbar waren. Knapp zwei Wochen später bekamen beide eine schriftliche Abmahnung der Firmen ACOG bzw. Weird Visions Media Verlags GmbH (AnimaniA) zugestellt, in der sie unter Androhung einer Vertragsstrafe von jeweils 100.000 DM aufgefordert wurden, ihre Aussagen öffentlich zu korrigieren und derartige Behauptungen in Zukunft zu unterlassen.
Einige Wochen zuvor hatte bereits schon einmal ein Mitglied der Newsgroup wegen unrichtiger Behauptungen eine solche Abmahnung erhalten.
§185 StGB. Beleidigung.
Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe […] bestraft.
§186 StGB. üble Nachrede.
Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Da diese Abmahnungen und die Höhe der angedrohten Strafe gegen eine Privatperson in Fankreisen einen Aufschrei der Empörung verursachte, baten wir ACOG um eine Stellungnahme, da wir in der FUNime möglichst sachlich über die Angelegenheit berichten wollten, und dabei am besten beiden Parteien die Möglichkeit geben wollten, ihre Sicht der Dinge zu schildern.
Wir bekamen zwar keine offizielle schriftliche Stellungnahme, wohl aber die Gelegenheit zu einem ausführlichen, längeren Telefongespräch mit der Geschäftsleitung. In dem auf beiden Seiten sehr offen geführten Gespräch erläuterte diese ihre Sicht der Dinge, welche ich im folgenden stellvertretend wiedergeben möchte.
Diese Abmahnungen sowie die Höhe der Abmahnsummen waren als Warnung gedacht, um die betreffenden Leute quasi aufzurütteln.
In einem der Postings wurden Mitglieder der Firma ACOG beleidigt, in dem anderen Fall wurden unrichtige Behauptungen aufgestellt, beides sei nunmal nicht hinzunehmen. Die Fans müssen sich im Klaren darüber sein, daß sie in einem öffentlichen Forum schreiben, in dem jeder mitlesen könne, und daß ihre dort gemachten Aussagen von vielen gelesen werden können – und auch werden.
Sie tragen somit zu einer öffentlichen Meinungsbildung bei und müssen sich bewußt sein, daß sie hier eigenverantwortlich handeln. Das bedeute aber nicht, wie von vielen gemutmaßt werde, einen Maulkorb oder gar einen Angriff auf die freie Meinungsäußerung. Diese sei im Falle einer Beleidigung eben nicht mehr gegeben, hier sei der Bogen eindeutig überspannt worden. Im übrigen wird darauf hingewiesen, daß diese Abmahnungen durchaus bewußt von den beteiligten Firmen selbst und nicht etwa durch einen Anwalt zugestellt worden sind, was für die Betroffenen zwar den Schreck kaum mindert, sie aber abgesehen davon nochmal mit einem blauen Auge davonkommen läßt; unabhängig davon, ob und wieviel sie bei Einschalten eines Anwaltes nun zu zahlen gehabt hätten.
Auf diese Weise sei für sie die Sache jedenfalls mit ungleich weniger Ärger und vor allem praktisch ohne wirklich Geld zahlen zu müssen aus der Welt. ACOG sei nun auch nicht etwa begierig darauf aus, wie wild Abmahnungen zu erteilen, im Gegenteil. So etwas wird als letzter Schritt, dann aber auch als durchaus legitimes Mittel angesehen. Im übrigen hofft die Firma, daß durch diese Sache vielleicht ein Nach- bzw. Umdenken bei einigen Fans einsetzt, denn bis jetzt seien die Fans zwar intensiv damit beschäftigt gewesen, miteinander über ACOG zu reden, aber selten konstruktiv mit der Firma.
Begründete Kritik werde stets ernst genommen. Zu dem Punkt angesprochen, warum denn hier gleich mit Kanonen auf Spatzen geschossen werden mußte, eine einfache E-Mail hätte in jedem der Fälle gereicht, um bei den Betroffenen Einsicht zu erreichen, antwortete man, das habe man in der Vergangenheit bereits ohne Erfolg versucht, seitdem sei man dazu übergegangen, gleich auf Nummer sicher zu gehen. Es sei nicht die Aufgabe von ACOG, hier aufwendig zu unterscheiden, welcher Fan „im Grunde vernünftig“ sei und wer nicht.
Mein Eindruck aus dem Gespräch ist der, daß ACOG aus ihrer Sicht im Laufe der Jahre ein eher negatives Bild von „den Internet-Fans“ gewonnen hat, die scheinbar ständig nur nörgeln, unrealistische Vorstellungen über die deutsche (Anime-)Marktsituation haben und eh nie zufrieden sein werden. Daher beruhen wohl einige der Vorbehalte, weswegen die Firma einer breiteren Kommunikation mit „den Internet-Fans“ (die im übrigen nur einen Bruchteil ihrer Kundschaft ausmachen), etwa über Foren oder einer Beteiligung in der Newsgroup, eher skeptisch gegenübersteht; ganz abgesehen davon, daß die Beschäftigten gar nicht die Zeit dafür haben, denn so eben mal mit einer Stunde täglich wäre das kaum getan.
Daß andererseits durch ein Schweigen von Firmenseite sich vage Vermutungen und bloße Gerüchte unter den Fans manchmal zu scheinbaren Fakten verselbständigen, ist wohl noch nicht als Problem erkannt worden. Jedenfalls hat sich ACOG meiner Meinung nach damit einen Bärendienst erwiesen, ist doch nun das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen den Internet-Fans und dem größten deutschen Distributor nochmals verschärft.
Dabei ist es ja eigentlich paradox: Beide, sowohl wir Fans als auch ACOG, wollen schließlich dasselbe, und zwar eine größere Verbreitung von Anime im deutschsprachigen Raum. Im Grunde sollte es auf der Hand liegen, daß eine Zusammenarbeit im weitesten Sinne beiden nur von Nutzen sein kann. Schließlich bieten die Fans ja auch ein großes Potential; die Manga-Verlage wissen das teilweise schon zu nutzen und beziehen die Wünsche und Vorschläge, aber auch teils heftige Kritik der Fans in ihre Planungen mit ein. Gerade die sogenannten Hardcore-Fans sind es, die sich vehement gegen Raubkopien einsetzen, sei es, daß sie die ersten sind, die Anbieter von Raubkopien auf ebay entdecken oder illegale Anime-CDs von SonMay und EverAnime aufspüren.
Fans sind es, die einen Nischenmarkt wie Anime in Deutschland erst entstehen ließen und den Bekanntheitsgrad von Anime fördern, indem sie die Faszination und den Spaß, den Anime ausmacht, durch ihre Freunde bekannter machen.
Mit etwas Abstand betrachtet bieten sich also eine Menge Chancen, so daß zu hoffen ist, daß diese unschöne Episode vielleicht sogar einen Wendepunkt darstellt, und sich die Situation mittelfristig entspannt. Denn mit einer vergifteten Atmosphäre ist keinem gedient, auch ACOG nicht. Wenn wir alle in Zukunft etwas mehr darauf achten, uns im Eifer einer hitzigen Debatte nicht mehr zu solchen unbedachten Äußerungen hinreißen zu lassen, und wenn ACOG vielleicht im Falle, daß es doch wieder einer nicht lassen konnte, sich vielleicht dazu entschließen könnte, den Betreffenden mit einer E-Mail oder durch Intervention bei einem Animeverein auf sein Fehlverhalten hinzuweisen, wäre das ein erster Schritt.
Das Vertrauen ist jedenfalls erstmal dahin, und es ist ein langer Weg, es sich neu zu erarbeiten. Aber hey, es ist schließlich nie zu spät…
Markus